Warum die Zukunft der bio-veganen Landwirtschaft gehört

Wer Tiere konsequent schützen möchte und Tierleid verhindern will, lebt vegan – das heisst, es werden keine tierischen Produkte wie Fleisch, Fischfleisch, Eier, Honig oder Milch konsumiert und stattdessen auf die zahlreichen schmackhaften Alternativen und Früchte sowie Gemüse zurückgegriffen. Doch wird auch von Früchte- und Gemüsebetrieben Dünger aus der Tierwirtschaft in Form von Mist, Gülle und tierischen Nebenprodukten (Schlachtabfälle) auf die Felder ausgebracht. Somit sind auch rein pflanzliche Nahrungsmittel meist mit der Nutzung von Tieren und somit auch mit Tierleid verbunden.

Doch es gibt eine Alternative, welche besser für Tier, Mensch und Umwelt ist: der vegane Ökolandbau.

Inhaltsverzeichnis:

Konventionelle Landwirtschaft: Profit vor Tier- und Umweltschutz

In der konventionellen Landwirtschaft haben ökonomischer Gewinn und somit auch ein möglichst hoher Produktertrag Priorität Nummer eins. Deshalb werden für Produktivitäts- und Leistungssteigerungen immer mehr Tiere gehalten, die in den engen Ställen eingepfercht werden. Die Tiere werden zudem auf immer höhere Leistungen gezüchtet, was zu Schmerzen und gesundheitlichen Problemen bei den Tieren führt.

Die Ausscheidungen der Tiere werden neben chemischen Düngemitteln und Pestiziden als Gülle auf Feldern ausgebracht. Diese schaden den Bodenlebewesen, Bestäubern und anderen Wildtieren massiv. Zu den zahlreichen Umweltfolgen dieser Praxis gehören die Nitratbelastung der Böden und des Grundwassers, Insektensterben und gesundheitliche Folgen für den Menschen durch antibiotikaresistente Keime aufgrund der hohen Antibiotikagabe in den Ställen. Auch in Bezug auf Zoonosen wie Corona spielt die Tierwirtschaft eine grosse Rolle, da diese eine Brutstätte potenziell tödlicher Keime darstellt.

Ein dreckiges Schwein in einer Mastanlage schaut in die Kamera.
In der konventionellen Landwirtschaft sind tierquälerische Haltungen oft Alltag.

Das Bio-Siegel: kein Gewinn für die Tiere

Wer die Umwelt schützen will, greift gerne auf Produkte mit dem Bio-Siegel zurück. Diese Entscheidung ist generell eine gute Wahl für den Schutz der Umwelt – nicht aber für die Tiere. Denn auch in Biobetrieben werden Tiere nicht artgerecht gehalten und gegen ihren Willen gezüchtet und getötet. Pestizide und chemische Dünger kommen in der ökologischen Landwirtschaft weitaus weniger zum Einsatz als in der konventionellen, sondern organische Dünger. Doch bedeutet dies, dass neben Gülle auch weitere tierische Stoffe als Dünger (z. B. Hornspäne, Haarmehlpellets und Knochenmehle) auf den Feldern verteilt werden, was mit Tierleid verbunden ist.

In den Richtlinien verschiedener Bioverbände wird Tierhaltung für Höfe sogar verbindlich vorgeschrieben. Ziel ist der Erhalt der Kreislaufwirtschaft. Die Gülle düngt die Felder, auf denen die Pflanzen wachsen, die später wieder den Tieren als Nahrung dienen sollen. Wenn Landwirtschaftsbetriebe selbst keine Tiere halten, müssen sie teilweise sogar Gülle oder andere organische Dünger tierischen Ursprungs zukaufen, von biologisch oder auch von konventionell arbeitenden Höfen – dies birgt ein Risiko für Keime, Schwermetalle und Antibiotika auf den Feldern, bedeutet Tierleid und ist nicht notwendig, um einen Hof zu erhalten. [1, 2]

Ist vegane Landwirtschaft möglich?

Neben Landwirtschaftsbetrieben, welche aus ökonomischen Gründen auf einen veganen Ökolandbau umstellen, gibt es auch Betriebe, welche aus ethischen Gründen auf eine vegane Landwirtschaft umstellen. Der vegane Ökolandbau und hierbei insbesondere der biozyklisch-vegane Anbau ist sowohl tier- als auch umweltfreundlich. Er stellt eine Alternative zur Kreislaufwirtschaft mit Düngemitteln aus der Tierproduktion und den chemischen Düngern der konventionellen Landwirtschaft dar – mit Techniken zur naturnahen Bewirtschaftung und einer pflanzlichen Kreislaufwirtschaft.

Im November 2017 wurde diese Anbauform durch die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) als eigenständiger globaler Öko-Standard anerkannt. Öko-Betriebe, die nach den «Biozyklisch-Veganen Richtlinien» wirtschaften, können sich damit kontrollieren und zertifizieren lassen und ihre Erzeugnisse mit dem «Biozyklisch-Veganen Gütesiegel» kennzeichnen. Der vegane Ökolandbau ohne ausgebeutete Tiere und deren Ausscheidungen ist die Zukunft für eine tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft. [3, 4]

Iain Tolhurst gilt als Pionier des veganen Ökolandbaus. In seinem Buch «Growing Green» skizziert er die Grundtechniken der Landwirtschaftsform. Er begann bereits vor über 40 Jahren, ökologisch zu wirtschaften. [5] Der Betrieb «Tolhust Organic» kam im Jahr 2006 auf einen CO₂-Fussabdruck von 8 Tonnen und wirtschaftete damit 90 Prozent effizienter als konventionelle Betriebe. Dies gelang durch Blühstreifen, Gründüngung, Hecken und andere kohlenstoffbildende Massnahmen. [6]

Person setzt Pflanzesaetzlingen in Beete ein.
Die vegane Landwirtschaft ist nicht nur tierfreundlich, sie hat auch einige ökologische Vorteile.

Wie geht veganer Ökolandbau?

Beim veganen Ökolandbau kommen viele natürliche Techniken wie Mulchen und Düngen mit pflanzlichen Gärresten oder Kompost und weite, vielfältige Fruchtfolgen zum Einsatz. Ziel ist die Erhaltung und Steigerung der Bodenfruchtbarkeit. So bringt z. B. Kleegras wichtige Nährstoffe für die Pflanzen auf die Felder – auch ohne erst von Kühen gegessen und verdaut worden zu sein. Die bisherigen Erfahrungen mit Praktiken des veganen Ökolandbaus deuten auf eine erhöhte Bodenfruchtbarkeit sowie einen erhöhten Humusgehalt auf diesen Flächen hin. [5, 6]

Mit diesen Massnahmen ist es möglich, den wichtigen Pflanzennährstoff Stickstoff auf anderem Wege als durch Gülledüngung in die Böden zu bringen. Leguminosen wie Lupinen, Soja oder Ackerbohnen können Stickstoff aus der Luft binden und für Pflanzen, die später in der Fruchtfolge angebaut werden, zur Verfügung stellen. [5, 6]

Zahlreiche dieser Leguminosen sind auch für uns Menschen direkt verzehrbar und es kann hierdurch auch die Stickstoffdüngung gewährleistet werden. Dadurch müssen keine Tiere, die erst mit diesen Pflanzen ernährt werden müssten, hierfür ausgenutzt und getötet werden.

Bio und vegan oder biozyklisch-vegan?

Die Unterscheidung zwischen der ökologischen Landwirtschaft und der biozyklisch-veganen Landwirtschaft liegt darin, dass bei der ersteren zwar Bioprodukte aus rein veganen Zutaten entstehen, diese aber nicht zwingend vegan angebaut wurden.

Ein Beispiel: Eine Bio-Kartoffel im Supermarkt ist vegan und «bio». Jedoch war die Tierhaltung im Herstellungsprozess inbegriffen, wodurch die vegane Bio-Kartoffel trotzdem vermeidbares Tierleid wie beispielsweise Gülledüngung verursacht hat. Eine Kartoffel, die durch den veganen Ökolandbau bzw. unter biozyklisch-veganen Richtlinien angepflanzt wurde, beinhaltet jedoch keine Tierhaltung und der gesamte Prozess wie auch das Endprodukt sind vegan.

Es werden für «biozyklisch-vegan» teils auch die Begriffe «veganer Ökolandbau» oder «bio-veganer Anbau» genutzt. Der Unterschied liegt hier in der Zertifizierung, die nur bei «biozyklisch-vegan» sichergestellt ist.

Ein Feld mit Kartoffelpflanzen.
Bei der biozyklisch-veganen Landwirtschaft werden die Lebensmittel rein vegan angebaut.

Ist Landwirtschaft ohne Tiere möglich?

Weideland bzw. Grünland wird normalerweise bewirtschaftet, indem Rinder, Schafe, Ziegen und andere Tiere auf diesen Flächen gehalten werden und sie abgrasen. Auch beim veganen Ökolandbau könnten Tiere auf Weiden grasen, falls es ökologisch Sinn macht, dass diese Flächen weiterhin beweidet erhalten bleiben. Gegensätzlich zur Tierwirtschaft würden sie aber weder zu dem Zweck gezüchtet noch nach ihrer (Aus)Nutzung getötet werden.

So könnten auf dem Grünland von veganen Ökolandbaubetrieben Tiere von Lebenshöfen grasen, die aus der Agrarindustrie gerettet und dadurch vor einem entbehrungsreichen Leben in der Mast und einem qualvollen Tod im Schlachthof bewahrt wurden. Eine Win-win-Situation sowohl für die Tiere als auch die Erhaltung des Weidelands. [7]

In Gebieten, in denen das Grünland nicht erhalten werden muss, kann es durch Aufforstung zu Wäldern umgestaltet werden und Moore können wieder renaturiert werden. Diese weithin bekannten Flächenumwandlungen leisten einen positiven Beitrag zur Biodiversität.  [7]

Mithilfe des «Cut & Carry»-Verfahrens kann Grünland auch gemäht und der Aufwuchs auf einer anderen Fläche als Mulch ausgebracht werden. Das Mähgut kann auch für die Kompostierung oder zur Gewinnung von biozyklischer Humuserde verwendet werden.

Egal, wie das Weideland letztendlich genutzt wird: Beim veganen Ökolandbau werden keine ausgebeuteten Tiere eingesetzt – weder zur Gülledüngung noch zur Erhaltung der Weide. Damit rettet der vegane Ökolandbau Millionen sogenannten Nutztieren das Leben.

Wie bio-vegan ist die Schweiz?

Unter anderem der Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. setzt sich im deutschsprachigen Raum für eine Bekanntmachung und Verbreitung des biozyklisch-veganen Anbaus ein. Der gemeinnützige Verein begleitet Betriebe, die auf biozyklisch-veganen Anbau umstellen wollen, und berät sie zu allen möglichen Fragen. [3]

In der Schweiz ist die Bewegung des veganen Ökolandbaus noch weniger verbreitet als beispielsweise in Grossbritannien, wo sich bereits das «Stockfree Organic»- oder «Vegan Organic»-Label etabliert hat, oder auch in anderen europäischen Ländern, wo immer mehr Betriebe nach den biozyklisch-veganen Richtlinien arbeiten. [8]

Ein Weizenfeld.
In der Schweiz ist der vegane Ökolandbau noch nicht so stark verbreitet wie in Deutschland.

Doch auch in der Schweiz gibt es immer mehr Landwirtschaftsbetriebe, die keine sogenannten Nutztiere mehr auf ihrem Hof halten und komplett auf Pflanzenanbau umgestellt haben. Im Herbst 2020 wurde der Hof BioVegan Seeland als erster Landwirtschaftsbetrieb in der Schweiz nach den biozyklisch-veganen Richtlinien zertifiziert. Die genaue Zahl der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz, die nach den Prinzipien des veganen Ökolandbaus wirtschaften, ist nicht bekannt. Doch die Kursleiterin am Forschungsinstitut für biologischen Anbau (FiBL), Sigrid Alexander, sagt über die Situation [10]:

«Die Zahl ist grösser, als man denkt. Einige produzieren bio-vegan, lassen sich aber nicht zertifizieren. Erst bei der Vermarktung über den Zwischenhandel scheint dies nötig zu werden.» Nun müssen weitere Landwirt:innen diesen positiven Beispielen nachfolgen und mit ihrem Know-how dazu beitragen, dass die Welt tier- und umweltfreundlicher wird. Aber auch die Politik ist gefragt: Die Subventionen für tierquälerische Produkte müssen eingestellt werden und Schritte in Richtung eines echten Wandels in der Agrarpolitik unternommen werden. Dazu gehört auch eine gezielte Förderung des veganen Ökolandbaus.

Was Sie tun können

Die Entscheidung für eine vegane Lebensweise ist die wichtigste, die Sie für Ihre Gesundheit, die Umwelt und die Tiere treffen können. Der vegane Ökolandbau bietet eine perfekte Möglichkeit, diesen Lebensstil konsequent zu verfolgen. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe stellen auf diese zukunftsweisende Art der Bewirtschaftung um und lassen sich nach den «Biozyklisch-Veganen Richtlinien» zertifizieren. [8]

  • Achten Sie auf das «Biozyklisch-Vegane Gütesiegel» und treffen Sie eine Kaufentscheidung, mit der Sie die Pionier:innen des biozyklisch-veganen Anbaus unterstützen.
  • Informieren Sie sich, wo bereits Landwirtschaftsbetriebe in Ihrer Region nach den Prinzipien des veganen Ökolandbaus wirtschaften und sprechen Sie Händler:innen auf diese Betriebe an. Erzeugnisse aus veganen Ökolandbau-Betrieben können zudem über entsprechende Händler:innen bezogen oder direkt bei biozyklisch-veganen Höfen bestellt werden.
  • Auch online können Sie biozyklisch-vegan erzeugte Produkte über verschiedene Onlineshops beziehen. [11]

Weitere Tipps und Informationen zum Einstieg in die vegane Ernährung erhalten Sie in unserem kostenlosen Veganstart-Programm.