Eringer-Kuhkämpfe – Schweizer Tradition oder Tierquälerei?

Mehrmals pro Jahr finden in der Schweiz sogenannte Stechfeste bzw. Eringer-Kuhkämpfe statt. Hier erfahren Sie, was bei dieser absurden Veranstaltung vonstattengeht und warum wir von PETA uns gegen diese vermeintliche Tradition aussprechen.

Ausnutzung des natürlichen Verhaltens

Eringer bezeichnet eine Rinderrasse, die hauptsächlich im Kanton Wallis gehalten wird. Kühe der Eringerzucht sind Herdentiere, die beim Alpaufzug im Frühling eine strikte Rangordnung unter sich ausmachen. Laut den Veranstaltern ist die «Tradition» der Eringer-Kuhkämpfe darauf zurückzuführen, dass sich die Anführerin wohl während des Sommers behaupten muss, um im Herbst als gekrönte Königin wieder von der Alp hinunterziehen zu können. [1]

Dieses natürliche Verhalten der Tiere nutzen Menschen zu ihrer Unterhaltung aus – und zwar in Form von Kuhkämpfen. Hierzu werden die Kühe im Vorfeld teilweise jahrelang gezielt darauf getrimmt, aufeinander loszugehen, die Hierarchie unter sich auszumachen und damit zu «siegen».

ringkuhkampf

Manche Kühe müssen mehrere Jahre in Folge an den Kämpfen teilnehmen, bei denen die Tiere unter anderem mit den Köpfen aneinander prallen. Da sich ihre Hörner dabei kreuzen, können sich die Tiere verletzen. Die Kühe stemmen sich einander entgegen und versuchen mit ihrer ganzen Körperkraft, ihre Artgenossin wegzustossen – teilweise minutenlang. [2] Als wäre das nicht genug, müssen die Herden- und Fluchttiere dabei oftmals Kuhglocken tragen. Eine Studie der ETH hat gezeigt, dass Kuhglocken aufgrund des ausgezeichneten Hörvermögens von Kühen einen Stressfaktor darstellt. [3]

Ängstliche Kühe als Verliererinnen

Für die Teilnahme von Kühen an den Kämpfen gelten unterschiedliche Vorschriften: Tiere ab einem Alter von 2,5 Jahren dürfen in den Kampf geschickt werden. Je nach Alter und Gewicht werden sie in fünf Kategorien eingeteilt. Vor den Wettkämpfen werden sie weniger gemolken. Kühe, die an Frühjahrskämpfen teilnehmen, müssen vorher ein Kind geboren haben; ihre Artgenossinnen, die zur Teilnahme an Herbstkämpfen gezwungen werden, müssen schwanger sein. Diese Regelungen muten äusserst makaber an.

ringkuhkampf

Die Gruppe der jeweiligen Kategorien wird gleichzeitig in den Ring geführt und «sucht sich ihre Gegner aus». Kühe, die drei Kämpfe verloren haben oder ängstlich sind und den Kampf verweigern, verlieren. Teilweise werden die verängstigten Tiere am Halsband in den Kampf getrieben. Die Verliererinnen werden vom Züchter aus dem Ring geführt. Tiere mit drei verlorenen Kämpfen scheiden fortlaufend aus, bis sich am Ende vier bis sechs Kühe für das Finale klassifizieren. Die «qualifizierten» Tiere einer Kategorie aus verschiedenen «Kuhkampf-Veranstaltungen» treffen sich im Finale wieder, wo das Ganze von vorne beginnt, bis sieben Tiere übrig bleiben. Die Kuh, die in ihrer Kategorie alle anderen besiegt, gilt als Siegerin bzw. Königin. Die sieben ersten Kühe jeder Kategorie qualifizieren sich für das seit 1922 jährlich stattfindende nationale Finale, das jeweils im Mai in Aproz (VS) stattfindet. 2017 befanden sich über 10’000 Zuschauer in der Arena. Die jeweilige Königin in den fünf Kategorien wird von einer Jury gekürt. Da Siegerinnen hohe Verkaufspreise erzielen, stellen die Kämpfe für viele Halter einen Anreiz dar, diese Tiere im Nebenerwerb zu halten. Der Profit und die Schaulust stehen somit über dem Wohl der Tiere. [4, 5, 6]

Ringkämpfe von Eringerkühen wurden bis etwa 2018 hauptsächlich im Kanton Wallis durchgeführt. Jedoch hat sich diese absurde Veranstaltung mittlerweile auch in anderen Schweizer Kantonen ausgeweitet – und das in teils grossem Ausmass. 2018 nahmen beispielsweise am Ringkuhkampf in Reichenbach (BE) über 100 Eringerkühe und 2’500 Besucher teil. [7]

Keine artgerechten Bedingungen

Aufgrund des «Kampfverhaltens» der Eringerkühe haben die Tiere im Winter nur selten stetigen Auslauf. Meist fristen sie ein trauriges Leben in der Anbindehaltung, in der sie sich nicht einmal umdrehen können. Diese leidvolle Haltungsform trägt zu heftigen Auseinandersetzungen und teilweise schweren Verletzungen bei, wenn die Tiere im Laufhof aufeinandertreffen. Um dem entgegenzuwirken, wird der Winterauslauf in einigen Betrieben mit Anbindehaltung nur noch für Kühe einzeln oder zu zweit gewährt. Dies widerspricht jedoch den sozialen Bedürfnissen der Tiere. [8]

Auch der Schweizer Tierschutz hinterfragt die Ethik hinter den Methoden der Eringer-Kuhkämpfe: Kühe aus unterschiedlichen Herden treffen gezwungenermassen aufeinander, was bei den Tieren enormen Stress auslösen kann. Auch der Kampf in der Arena kann für die Kühe belastend sein. Zudem herrscht bei den Kämpfen eine erhöhte Verletzungsgefahr. [9]

Rinder kämpfen in der Natur nicht ohne Grund, sondern tun dies nur, wenn es notwendig ist. Es ist für die Tiere somit kein Spass. Die Kuhkämpfe beruhen zwar auf einem natürlichen Verhalten, stellen in diesem absurden erzwungenen und gestellten Rahmen jedoch Tierquälerei dar.

Als wäre das alles nicht genug, werden Eringerkühe nicht nur für die Unterhaltung, sondern auch für den Konsum des Menschen ausgebeutet – sowohl für Milch als auch für Fleisch. Ihre Kälber werden direkt oder kurz nach der Geburt von der Mutter getrennt, damit der Mensch die für das Kalb vorgesehene Milch trinken kann. Zudem werden die Tiere weit vor ihrer natürlichen Lebenserwartung im Schlachthaus getötet.

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