Laut wissenschaftlichen Studien und Stellungnahmen renommierter Wildbiologen ist die Jagd unnötig und sogar kontraproduktiv. Trotzdem werden alleine in der Schweiz über 100‘000 Wildtiere überwiegend von etwa 30‘000 Hobbyjägern getötet. [1] Die Jäger versuchen, ihr blutiges Hobby mit Unwahrheiten zu rechtfertigen. Doch wir decken die zehn grössten dieser Jagdirrtümer auf. Jäger behaupten:
1. Die Zahl der Wildtiere nimmt ohne die Jagd überhand
Falsch – Es gäbe sogar weniger Wildtiere ohne die Jagd. Eine intensive Bejagung sorgt dafür, dass es sogar mehr Wildtiere gibt. Dies belegen auch wissenschaftliche Studien. Denn die Jagd zerstört Familienverbände und Sozialstrukturen, was dazu führt, dass sich die Tiere unkontrolliert und losgelöst von ihrem natürlichen Fortpflanzungsrhythmus vermehren. Zusätzlich sinkt die Lebenserwartung der Wildtiere durch intensive Bejagung drastisch. Dies führt dazu, dass die Wildtiere früher geschlechtsreif werden, was wiederum die Geburtenrate ansteigen lässt. [2, 3, 4, 5, 6]
Der renommierte Wildbiologe Prof. Dr. Josef Reichholf unterstreicht, dass sich Wildtierpopulationen schon immer selbst reguliert haben – und zwar nicht durch Beutegreifer wie Luchs oder Wolf, sondern hauptsächlich durch natürliche Umwelteinflüsse wie Krankheiten, Nahrungsverfügbarkeit und Witterung.
Der Kanton Genf, in dem die Hobbyjagd seit über 40 Jahren verboten ist, zeigt, dass sich die Natur von selbst reguliert, was eine gesunde und stabile Wildtierpopulation zur Folge hat. Dies ist durch die ökologische Tragfähigkeit bedingt: Je grösser eine Population wird bzw. je mehr Tiere sich die limitierten natürlichen Ressourcen teilen müssen, desto schwieriger werden die Lebensbedingungen. Die daraus resultierende natürliche Selektion hält die Geburten- und Sterberaten auch im Gleichgewicht: Nur die Gesündesten und Stärksten setzen sich bei Revierkämpfen oder bei der Partnerwahl durch und überstehen Hungerzeiten. Schwache Tiere überleben den Winter nicht.
2. Die Jagd geht fair zu
Falsch – Bei der Treib- und Drückjagd werden Wildtiere in Todesangst versetzt und vor die Gewehre der Schützen getrieben oder heimtückisch aus dem Hinterhalt attackiert.
Bei der grausamen Baujagd, bei der Füchse und Dachse von den Hunden der Jäger aus ihrem schützenden Bau vor die Gewehre der Jäger getrieben werden, spielen sich zwischen Hund und Wildtier häufig erbitterte Todeskämpfe ab – auch Jagdhunde tragen oft schwere Verletzungen davon. Jagdhunde werden in sogenannten Schliefanlagen an eingesperrten Füchsen für die Baujagd scharf gemacht.
3. Die Jagd ist zur Kontrolle von Krankheiten notwendig
Falsch – Vielmehr sorgt die Jagd für eine beschleunigte Ausbreitung von Krankheiten. Die Zerstörung stabiler Familienverbände führt zu vermehrten Abwanderungen einzelner Tiere und auch zu einem Anstieg der Geburtenrate. Tollwut und andere Krankheiten haben sich durch die Jagd ausgebreitet und konnten erst durch den Einsatz von Impfködern erfolgreich eliminiert werden. [4] Jedoch wird vielen Wildtieren das Image eines Krankheitsüberträgers verpasst, um deren Tötung zu rechtfertigen – wie es bei den Füchsen teilweise mit Tollwut und dem Fuchsbandwurm gemacht wird. Jedoch ist die Schweiz seit 1999 frei von terrestrischer Tollwut und das Infektionsrisiko eines Fuchsbandwurms ist für Menschen sehr gering. [7, 8]
4. Tiere leiden nicht, wenn sie erschossen werden
Falsch – Nur wenige Jäger treffen beispielsweise bei der Drückjagd beim ersten Schuss auf die um ihr Leben rennenden Wildtiere. Deshalb gibt es auch den Begriff «Nachsuche» für verletzte Tiere. Laut der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz sterben bei Drückjagden bis zu zwei Drittel der Wildtiere nicht sofort. Mit heraushängenden Innereien und zerschossenen Knochen flüchten die Tiere, leiden stunden- oder sogar tagelang an unerträglichen Schmerzen und sterben einen qualvollen Tod. [9]
5. Jäger sind tier- und naturliebende Menschen
Falsch – Wer Tiere quält und tötet, kann schwer als Tierfreund bezeichnet werden. Den meisten Jägern geht es bei der Jagd nicht um Arten- oder Tierschutz. Sondern ihre Motivation liegt vielmehr in der Lust am Töten, dem damit verbundenen Machtgefühl und auch im Sammeln von Trophäen (Trophäenjagd). Nicht nur Tausenden von Tieren wird jedes Jahr erhebliches Leid durch Fehlschüsse zugefügt, sondern auch Dutzende Menschen werden von Jägern verletzt oder getötet. Oftmals sind die Jäger alkoholisiert oder begehen Gewalttaten vorsätzlich, weil Spaziergänger sie angeblich bei der Ausübung ihres blutigen Hobbys stören.
6. Jäger verhindern «Wildschäden»
Falsch – In einem natürlichen Wald gibt es keine «Wildschäden». Diese sind von den Jägern selbst hervorgerufen und ein weiteres fadenscheiniges Argument, um die sinnlose Tötung zu rechtfertigen. Denn zu diesen vermeintlichen Schäden in der Land- und Forstwirtschaft kommt es nur wegen der künstlich hochgehaltenen Wildtierpopulation, bedingt durch das Füttern der Tiere durch die Jäger. Dieses Zufüttern dient weitgehend der Erhaltung eines möglichst grossen Wildtierbestands. Denn hierdurch überbrücken die Jäger Nahrungsengpässe und unterbinden somit die natürliche Selektion, wodurch sie möglichst viele Tiere schiessen können. Die einseitige Ausrichtung auf Monokulturen und Ertragsmaximierung führt dazu, dass viele Grundeigentümer, Landwirte und Förster ein wirtschaftliches Interesse an der Dezimierung der Wildtierpopulationen haben. Doch durch sie wird der Lebensraum der Wildtiere immer weiter zerstört.
Zudem drückt die Jagd Wildtiere in den Wald. Jäger bekommen in der Regel von Förstern Abschusszahlen von Rehen vorgegeben, da diese angeblich durch «Wildschäden» den Bäumen und den Trieben schaden würden. Doch erst durch die Jagd selbst kam dieses Problem überhaupt weitgehend auf: Rehe leben eigentlich in Graslandschaften, wo ausreichend Nahrung zur Verfügung steht. Durch den andauernden Jagddruck sind die Tiere jedoch scheu geworden und haben sich in die tieferen Wälder zurückgezogen, wo das Nahrungsangebot knapper ist. Dort ernähren sich die Tiere nun von Blättern, Trieben, Knospen und Rinde, was der Forstwirtschaft ein Dorn im Auge ist. Auch fördern die in Herbst und Winter durchgeführten Drückjagden einen erhöhten Energieverbrauch der Tiere, der durch Knabbern an Rinde kompensiert wird.
7. Die Jagd beugt Wildunfällen vor
Falsch – Jäger sind mitverantwortlich für Wildunfälle. Bei der Jagd, vor allem bei grossen Treib- und Drückjagden, werden die Tiere aufgescheucht. Dabei flüchten sie und rennen voller Angst um ihr Leben – hierbei auch über Strassen und in Siedlungen.
8. Der Fuchs ist für den Rückgang von Hasen, Wildhühnern und Co. verantwortlich
Falsch – Für den Rückgang dieser Wildtiere sind weitgehend die industrielle Land- und Tierwirtschaft und die intensive Bejagung verantwortlich. Obwohl die Populationsbestände von Wildhühnern und Hasen rückläufig und teils sogar als potenziell bedroht gelten, wird diesen vielerorts intensiv durch Jäger nachgestellt. Die Jäger selbst töten jedes Jahr Tausende Feldhasen und Wildhühner. Zur Beute der Füchse zählen beispielsweise vor allem Mäuse und alte oder kranke Tiere. [4] Im Nationalpark Bayerischer Wald, in dem ein Fuchsjagdverbot gilt, konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass der Rotfuchs die erfolgreich wieder angesiedelte Auerhuhn-Population nicht gefährdet. Auch in Luxemburg ist die Jagd auf Füchse seit 2015 verboten – ohne negative Effekte. [10]
9. Wildbret ist hochwertiges Bio-Fleisch
Falsch – «Bio-Wildfleisch» ist eine Verbrauchertäuschung. Immer wieder werden krebserregende und nierenschädigende Bleirückstände von der Jagdmunition im Fleisch gefunden. Bereits in kleinen Mengen ist Blei schädlich. Für diverse Lebensmittel bestehen Grenzwerte für Blei, jedoch gibt es keine festgelegten Höchstwerte für Wildfleisch. Der Schweizer Bund empfiehlt Kindern bis zum siebten Lebensjahr, Schwangeren, Stillenden und Frauen mit Kinderwunsch, möglichst kein Wild zu essen. Auch kann ein erhöhter Keimgehalt aufgrund des durch die Jagd verursachten Stresses sowie auch mangelhafte Wildbret-Hygiene festgestellt werden. [11, 12]
10. Hund und Katzen sind eine Gefahr für die Wildtiere
Falsch – Keine seriöse Studie kann einen negativen Einfluss von Katzen und Hunden auf die Artenvielfalt (beispielsweise von Vögeln) belegen. Den Jägern geht es bei diesem Mythos nicht um Arten- oder Tierschutz, sondern um Beuteneid. Für die Wildtiere sind die Jäger selbst die grösste Gefahr. [13, 14, 15, 16]
WAS SIE TUN KÖNNEN
- Essen Sie kein Wildfleisch. Es gibt etliche leckere Gerichte, für die kein Tier sterben musste. Zudem helfen Sie mit einer veganen Ernährung, den Lebensraum der Wildtiere zu erhalten.
- Klären Sie auch Ihre Freunde und Bekannten über die sinnlose und auch kontraproduktive Jagd auf.
- Entscheiden Sie sich für eine Freizeitbeschäftigung, bei der keine Tiere getötet werden. Naturliebhaber können beispielsweise wandern, campen, Vögel beobachten oder sich in einer Naturschutzorganisation betätigen – die Möglichkeiten sind vielfältig.
- Machen Sie Ihren Garten zu einem Lebensraum für Wildtiere wie Füchse, Marder, Waschbären, Igel, Mäuse und viele mehr. Installieren Sie eine Wildlife-Kamera und lernen Sie Ihre tierischen Nachbarn aus nächster Nähe kennen und lieben.
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QUELLEN
[1] Bundesamt für Umwelt: Jagdstatistik Wildtiere, https://www.jagdstatistik.ch/de/statistics?tt=0, (eingesehen am 13.01.2023)
[2] Reichholf, J. H.: Die Wahrheit über die Jagd – Evolutionsbiologe Prof. Josef Helmut Reichholf widerlegt Jägerlügen, TV- Beitrag SWR BW, https://www.youtube-nocookie.com/embed/-Ls-m1kDwVY, (eingesehen am 18.08.2020)
[3] Servanty S., Gaillard J., Toigo C., Brandt S.& Baubet E. (2009) Pulsed resources and climate‐induced variation in the reproductive traits of wild boar under high hunting pressure. Journal of animal ecology 78.6 1278-1290
[4] Frommhold D.: Füchse im Fadenkreuz – über Sinn und Unsinn der Fuchsjagd. www.fuechse.info, (eingesehen am 13.08.2020)
[5] Pullin A. S. (2002): Non sustainable use. Conservation Biology. Cambridge university Press. S. 126
[6] Campbell N. A., Reece J. B., Urry L. A., Cain M. L., Wasserman S. A., Minorsky P. V., Jackson R. B. (2008): Campbell Biology. Pearson Benjamin Cummings. 8 edition (September 4, 2008), S. 1186 – 1190
[7] Bundesamt für Gesundheit (BAG): Tollwut, https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/krankheiten-im-ueberblick/tollwut.html#:~:text=Die%20Schweiz%20gilt%20seit%201999,Asien%2C%20Afrika)%20angesteckt%20hatten, (eingesehen am 13.08.2020)
[8] Bundesamt für Gesundheit (BAG): Fuchsbandwurm (Echinokokkose), https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/krankheiten-im-ueberblick/echinokokkose.html, (eingesehen am 13.08.2020)
[9] Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (ohne Datum) Tierschutz und Bewegungsjagden.
Stellungnahme der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT). Arbeitskreis Wildtiere und Jagd (AK 6)
[10] Stürzer, S. & Schnaitl, M. (2009): Rotfuchs und Dachs – Raumnutzungsverhalten und Habitatwahl, Wissenschaftliche Schriftreihe Heft 18, Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald. S. 17
[11] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV): Blei, https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/lebensmittelsicherheit/stoffe-im-fokus/kontaminanten/blei.html, (eingesehen am 18.08.2020)
[12] Neue Zürcher Zeitung: Wie viel Wildfleisch ist ungesund? https://www.nzz.ch/schweiz/wie-viel-wildfleisch-ist-ungesund-1.18601175, (eingesehen am 18.08.2020)
[13] Woods M., Mc Donald R. & Harris S. (2003) Predation of wildlife by domestic cats Felis catus in Great Britain. Mammal Rev. 2003. Volume 33 No. 2. S. 174-188
[14] Niemann S. (2010) Katzen und Vögel. Der Falke 57
[15] DDA, BfN & LAG VSW (2008) Vögel in Deutschland – 2008. DDA, BfN, LAG VSW, Münster
[16] Sudfeldt, C., F. Bairlein, R. Dröschmeister, C. König, T. Langgemach & J. Wahl (2012) Vögel in Deutschland – 2012. DDA, BfN, LAG VSW, Münster