Der Bund veröffentlicht eine jährliche Statistik zu Tierversuchen in der Schweiz. Im Vergleich zum Vorjahr wurden zwei Prozent mehr Tiere missbraucht und gequält – auch die Zahl der schwer belastenden Tierversuche ist erneut gestiegen.
2023: Zahl der für Experimente missbrauchten Tiere steigt weiter
Während der Tiefstand im Jahr 2020 bei 556’000 Tieren lag, wurden im jüngsten Erhebungsjahr 2023 genau 595‘305 Individuen im Namen «Wissenschaft» missbraucht. [9] Der Grundlagenforschung sind dabei über die Hälfte der Versuche zuzuschreiben. Dieser Trend ist alarmierend, da stetig zunehmend innovative tierversuchsfreie Forschungs-, Test- und Übungsmethoden zur Verfügung stehen, die zuverlässigere Ergebnisse liefern können.
Mehr Säugetiere
Besonders auffällig: Die Anzahl der Tiere, die für «Bildung und Ausbildung» gequält wurden, war 2019 nur halb so hoch wie jetzt, 1997 nur ein Viertel so hoch. Zudem wurden wieder mehr Mäuse, Katzen, Affen, Schweine sowie weitere Säugetiere für «wissenschaftliche» Zwecke missbraucht.
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2022
2022: Zahl missbrauchter Tiere und schwer belastender Tierversuche steigt
Im Vergleich zu den Nachbarstaaten, wo die Zahl der in Versuchen missbrauchten Tiere in den vergangenen Jahren gesunken ist, bleibt die Zahl in der Schweiz seit Mitte der 1990er-Jahre fast unverändert hoch. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 2022 2 % mehr Tiere in Tierversuchen gequält – im Vorjahr lag die Zahl bei 574’673, im Jahr 2022 bei 585’991. [1] Im Vergleich zeigt sich, dass 2022 fast 80’000 Fische ausgenutzt wurden – somit hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.
Bereits im Jahr 2021 stieg die Anzahl der Tiere, die in schwer belastenden Tierversuchen eingesetzt wurden, um 31 % – 2022 waren es erneut 5 % mehr Tiere, die in Versuchen mit dem Schweregrad 3 missbraucht wurden. Diese Versuche sind mit schweren Schmerzen und Leiden für die Tiere verbunden, dazu gehört unter anderem die Verpflanzung von aggressiven Tumoren.
Zudem wurden 2022 mehr als doppelt so viel Tiere für Forschungszwecke gezüchtet oder importiert wie in Versuchen eingesetzt wurden: rund 1,25 Millionen.
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2021
Wieder mehr Mäuse vor allem in privaten Laboren missbraucht
In der Schweiz wurden 2021 insgesamt rund 575‘000 Tiere für Versuche missbraucht – also mit Absicht krank gemacht, vergiftet oder anderem Leid ausgesetzt. [2] Damit hat die Zahl erstmals seit fünf Jahren wieder zugenommen, um etwa drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr (556‘107 Tiere in 2020), wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) berichtet. Besonders stark belastende Experimente mit Tieren sind massiv gestiegen. Ausserdem litten rund 20‘000 mehr Mäuse als im Vorjahr in der sinnfreien Grundlagenforschung. [2]
Während die Zahl der Experimente an Hochschulen, Spitälern und in der Industrie gleich hoch blieb, wurden in privaten Instituten mit rund 18‘000 Tieren deutlich mehr Tiere gequält. [2] In der offiziellen Statistik tauchen zudem Hunderttausende Tiere gar nicht erst auf, die als sogenannter Überschuss für Tierversuche gezüchtet und getötet werden.
31 % mehr Tiere in schwer belastenden Tierversuchen missbraucht
Zwar hat die Schweiz in den vergangenen Jahren in Massnahmen investiert, die das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) verfolgen, mit dem Ziel, Tierversuche zu ersetzen und zu reduzieren. Die veröffentlichte Statistik widerspricht diesem Engagement jedoch, denn statt die Zahl der in Tierversuchen ausgebeuteten Tiere zu reduzieren, wurden mit 6‘040 Tieren 31 % mehr fühlende Lebewesen in schwer belastenden Experimenten gequält als im Vorjahr. Seit 2012 steigt die Anzahl der Tiere in mittleren und schweren Tierversuchen kontinuierlich an. [1]
Vor allem die starke Zunahme der Versuche mit dem Schweregrad 3 ist äusserst beunruhigend. Dieser geht mit schweren Belastungen, Schmerzen und Leiden für die Tiere einher, wie beispielsweise die Verpflanzung von aggressiven Tumoren.
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2020
Mehr Hunde und Katzen für «Wissenschaft» in 2020 missbraucht
2020 wurden in der Schweiz immer noch über eine halbe Million Tiere in Experimenten für die «Wissenschaft» missbraucht und meist auch getötet. [3] Zwar sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, doch die offizielle Pressemitteilung des Bundes führt unter anderem die Corona-Pandemie und deren Einschränkungen als Grund für den Rückgang an. [4]
Auch ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass sich in Sachen Tierversuche in der Schweiz kaum etwas geändert hat: Die jüngsten Zahlen sind nun auf etwa demselben Niveau wie im Jahr 2000. Nach der Jahrtausendwende stiegen Experimente an Tieren nahezu kontinuierlich an und hatten 2010 ihr höchstes Niveau mit mehr als 760’000 Tieren erreicht. Wir mahnen, dass ein Paradigmenwechsel in der Wissenschaft notwendig ist, der vor allem auch durch politisches Handeln angestossen werden muss. Daher fordern wir den Bundesrat auf, einen verbindlichen Ausstiegsplan aus Tierversuchen aufzustellen.
«Nicht nur wir Menschen, sondern auch alle anderen Tiere sind fähig, Schmerzen zu empfinden. Dessen ungeachtet werden all diese Individuen noch immer wie gefühlloses Laborequipment behandelt. Es ist unentschuldbar, im Jahr 2021 noch Tiere in Labore einzusperren, an ihnen Experimente durchzuführen und sie zu töten. Denn es gibt bereits hochwertigere Methoden ohne Tiere – finanzielle Mittel müssen verstärkt in die tierfreie Forschung fliessen, denn sie bringt Ergebnisse hervor, die auch tatsächlich für den Menschen relevant sind.» – Biotechnologin Sabrina Engel im Namen von PETA Schweiz
Mehr Hunde und Katzen, mehr schwerstbelastende Versuche
2019 wurden in der Schweiz 572’069 Tiere für Tierversuche missbraucht. Im vergangenen Jahr waren es der kürzlich veröffentlichten Statistik zufolge noch 556’107. 190 Affen und Halbaffen, knapp 350’000 Mäuse und über 50’000 Ratten waren 2020 gezwungen, ihr Dasein in Tierversuchslaboren zu fristen. 2020 wurden 125 Prozent mehr Hunde und 472 Prozent mehr Katzen für Tests missbraucht als im Vorjahr.
Auch die Zahl an Amphibien und Reptilien war mit über 30’000 Tieren über zehnmal höher als im Vorjahr. Zudem stieg die Anzahl an Hamstern, Rindern, Vögeln, Fischen, Pferden und Eseln. 2020 nahm ausserdem die Zahl der schwerstbelastenden Versuche (Schweregrad 3) zum zweiten Mal in Folge zu: Während es 2018 noch 16’078 Tests dieser Art gab, waren es 2019 bereits 18’290 und im vergangenen Jahr 19’712.
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2019
Vorwiegend weniger Mäuse und Fische missbraucht
Im Jahr 2019 wurden offiziell 572.069 Tiere für Tierversuche in der Schweiz missbraucht. Dies entspricht knapp 70 Lebewesen pro Einwohner – und das, obwohl Tierversuche in vielen Forschungsbereichen erwiesenermassen keinen Erkenntnisgewinn bringen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden fast doppelt so viele Kaninchen, Schafe und Ziegen für Tierversuche missbraucht. Zudem wurden deutlich mehr Amphibien, Reptilien, Schweine, Pferde, Esel und Rinder verwendet. Auch wenn es auf den ersten Blick erfreulich scheint, dass die Gesamtzahl der für Tierversuche verwendeten Tiere gesunken ist, sind wir immer noch auf dem gleichen Stand wie vor 20 Jahren. [5]
Zunahme von mittel- und schwerbelastenden Tierversuchen
Tierversuche werden in vier Belastungskategorien bzw. in die Schweregrade 0 bis 3 eingeordnet [6]. Nicht belastende (SG 0) und leicht belastende (SG 1) Versuche, bei denen Tiere kurzfristig leichten Schmerzen oder Schäden ausgesetzt sind, nahmen im Vergleich zu 2018 ab. In den mittleren und schweren Belastungskategorien SG 2 und SG 3 ist seit 2013 jedoch eine kontinuierliche Zunahme zu verzeichnen. Dazu zählen beispielsweise die Verpflanzung von aggressiven Tumoren, bei denen die Tiere langfristig stark leiden. In der schwerbelastenden Kategorie ist eine Erhöhung von 14 Prozent im Vergleich zu 2018 zu beobachten. [5]
Aussagekraft von Tiermodellen auf Übertragbarkeit auf den Menschen extrem begrenzt
Neben dem Einpflanzen von Tumoren in der Krebsforschung wurden auch im Bereich Neurologie viele schwer belastende Tierversuche durchgeführt; in der Hoffnung, Krankheiten wie Demenz oder Multiple Sklerose zu erforschen. Das Problem hierbei ist: Genau für diese Krankheiten ist die Aussagekraft von Tiermodellen und die Übertragbarkeit auf den Menschen äusserst begrenzt: 96,6 % der möglichen neuen Krebsmedikamente scheitern später in Studien mit Menschen. [7] Einer der Hauptgründe dafür ist die mangelnde Übertragbarkeit von Tierversuchen. Bei der Alzheimer-Demenz sind es sogar 99,6 % der neuen Behandlungen, die im Test mit Menschen durchfallen. [8]
Trotz positiver Ansätze keine Veränderung der realen Forschungsaktivitäten
Die Bestrebungen, Tierversuche in der Schweiz zu reduzieren und zu ersetzen, sind grundsätzlich lobenswert: 2018 wurde zum Beispiel das 3R-Kompetenzzentrum gegründet – mit dem Ziel, Tierversuche zu ersetzen, zu reduzieren oder mindestens schonender durchzuführen. 2021 wurde dann das Nationale Forschungsprogramm Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft ins Leben gerufen, ebenfalls um Tierversuche zu reduzieren. Aber die Statistik zeigt: Auf die reale Forschungsaktivität hat das scheinbar keinen Einfluss. Es fehlen konkrete Schritte, um die Pläne in die Tat umzusetzen.
Jetzt Research Modernisation Deal für den geplanten Ausstieg aus Tierversuchen unterstützen
Wir von PETA Schweiz setzen uns seit Jahren für die Erarbeitung eines konkreten Ausstiegsplans ein und haben 2020 in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen der internationalen PETA-Partnerorganisationen den Research Modernisation Deal (RMD) veröffentlicht: einen Leitfaden für die Umsetzung einer längst überfälligen Ausstiegsstrategie aus Tierversuchen.
Der Fokus liegt hier auf der Förderung und Nutzung tierfreier, für den Menschen relevanter Methoden, statt weiter auf veraltete und unwissenschaftliche Methoden mit Tieren zu setzen. Wir appellieren an die Schweizer Regierung, auch für die Schweiz solche konkreten Schritte zu planen und umzusetzen, um die Zahl der missbrauchten Tiere in Laboren nachhaltig zu reduzieren und Tierversuche schlussendlich abzuschaffen.
JETZT TIERFREIE FORSCHUNG FORDERN
Tierversuche werden nicht nur für Medikamente und Haushaltsmittel durchgeführt, sondern sind auch mit Produkten verbunden, von denen Sie es gar nicht vermuten würden, wie beispielsweise Hundenahrung, Reinigungsmittel oder Lebensmittel.
- Kaufen Sie keine Produkte, für die Tierversuche durchgeführt oder in Auftrag gegeben wurden.
- Besuchen Sie wissenschaft-statt-tierversuche.de und erfahren Sie mehr darüber, warum die Forschung am Tier nicht funktioniert.
- Informieren Sie Freunde und Bekannte über das Leid der Tiere in Versuchslaboren und bitten Sie sie, ebenfalls nur noch tierversuchsfreie Produkte zu kaufen.
- Wenn Sie an einer Universität studieren, an der Tiere zu Lehrzwecken seziert werden, lassen Sie sich vom Kurs befreien und setzen Sie sich für eine tierfreie Lehre ein.
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Quellen
[1] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (2023): Tierversuche 2022 in der Schweiz, https://www.tv-statistik.ch/de/statistik/index.php (eingesehen am 22.09.2023)
[2] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (23.09.2022): Bericht Tierversuchsstatistik 2021, https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/tiere/tierversuche/bericht-tierversuchsstatistik.html (eingesehen am 26.09.2022)
[3] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. Tierversuche 2020 in der Schweiz, https://www.tv-statistik.ch/de/statistik/index.php, (eingesehen am 02.09.2021)
[4] BLV. Anzahl Tierversuche ging auch 2020 zurück, https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84895.html, (eingesehen am 02.09.2021)
[5] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: Tierversuche 2019 in der Schweiz, https://www.tv-statistik.ch/de/statistik/ (eingesehen am 07.08.2020)
[6] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: Abwägung von Nutzen und Belastung, https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/tiere/tierversuche/schweregrad-gueterabwaegung.html
[7] Wong CH, Siah KW, Lo AW. Estimation of clinical trial success rates and related parameters. Biostatistics. 2019;20(2):273-286, https://doi.org/10.1093/biostatistics/kxx069 (eingesehen am 26.09.2022)
[8] Cummings JL, Morstorf T, Zhong K. Alzheimer’s disease drug-development pipeline: few candidates, frequent failures. Alzheimers Res Ther. 2014;6(4):37. Published 2014 Jul 3. doi:10.1186/alzrt269