Umweltschutz in der Schweiz: Darum ist Angeln kein Naturschutz

Immer mehr Menschen achten auf eine umwelt- und klimafreundliche Lebensweise: Dazu gehört beispielsweise die Entscheidung für regionale Produkte, Bio-Früchte- und -Gemüse oder der Verzicht auf Flüge und Autofahrten zum Erhalt unserer Natur – entscheidender ist jedoch die Abkehr von tierischen Produkten. Immer wieder behaupten auch Angler, mit ihrem Hobby die Natur zu schützen und der Umwelt zu helfen – die Realität sieht jedoch anders aus.

Rücksichtlose Angler gefährden Fischbestände

In der Schweiz ist Angeln kantonal geregelt – doch in vielen Gewässern ist es nach dem Freiangelrecht erlaubt, zumindest tageweise ohne entsprechenden Sachkunde-Nachweis zu angeln. [1] In den verschiedenen Regionen gibt es bestimmte lokale Vorgaben, die teilweise schwammig oder offen formuliert sind. Prinzipiell können somit selbst ungeübte Angler ohne jegliche Ausbildung legal Fische aus diesen Gewässern reissen und töten. [2]

Rund 60 Prozent der Schweizer Fischarten stehen auf der Roten Liste. Auch wenn viele bei Anglern beliebte Fische wie der Egli, der Hecht, das Rotauge oder die Rotfeder noch nicht gefährdet sind, ist das keine Rechtfertigung dafür, die Tiere zu angeln, zu töten und damit Bestände zu gefährden. Einige andere Arten gelten in der Schweiz als potenziell bedroht: [3]

  • Felchen gab es beispielsweise mal mit mehreren Unterarten, von denen einige heute als ausgestorben gelten.
  • Karpfen sind in vielen Schweizer Gewässern zu beobachten und bei Anglern begehrt; meist handelt es sich dabei aber um Tiere aus der Zucht, die ausgewildert wurden. Der Karpfen steht neben fünf anderen Arten – darunter der Aal – als «verletzlich» auf der Roten Liste der Schweizer Fische.
  • Auch die Seeforelle ist stark gefährdet. In der Schweiz konnten die Bestände durch eine geförderte Aufzucht und Renaturierungsprojekte allmählich stabilisiert werden.
  • Die Bachforelle ist bei Anglern sehr beliebt und wird immer seltener. Im Vergleich zu anderen Fischarten sind ihre Bestände relativ gross – das liegt jedoch daran, dass regelmässig gezüchtete Bachforellen ausgesetzt werden, um die Bestände zu kontrollieren.
  • Der Atlantische Stör, der Maifisch, die Finte, der Huchen und der Donaulachs gelten in der Schweiz als unwiederbringlich ausgestorben.

In vielen Schweizer Gewässern ist die «Berufsfischerei» für die Überfischung verantwortlich, [4] doch Hobbyangler tragen dazu bei, dass sich die Bestände nicht nachhaltig erholen können. Angeln ist in allen schweizerischen Gewässern sehr verbreitet: Über 100’000 Menschen angeln mindestens einmal im Jahr und fangen durchschnittlich viele Tausende Individuen – rund 483 Tonnen – in Schweizer Seen, Bächen und Flüssen. [5, 6] Allein in den grössten Seen der Schweiz fangen Freizeitangler durchschnittlich 277 Tonnen Fisch im Jahr; am häufigsten werden Barsche, Felchen und Hechte geangelt. [5, 7]

In vielen befischten Gewässern findet regelmässig ein sogenannter Fischbesatz statt, um die Bestände bestimmter Fischarten stabil zu halten: Das heisst, dass Fische zum Teil extra gezüchtet, eingesetzt und gefüttert werden. Vielen Anglern spielt das in die Karten, denn so können sie mehr dieser Tiere fangen. [8]

Ausgesetzte Fische verdrängen ansässige Tiere

Das Bundesgesetz über die Fischerei (BGF) zielt auf den Erhalt und Schutz einheimischer Fischarten, Rassen und Varietäten sowie ihrer Lebensräume. Der Besatz mit einheimischen Fischen ist ohne Bewilligung des Bundes möglich, wenn der Herkunftsort und der Einsatzort im gleichen Einzugsgebiet liegen. Die Verantwortung von Fischbesätzen befischter Gewässer liegt bei den einzelnen Kantonen: Die Kantone können im Rahmen der vorgeschriebenen «nachhaltigen Nutzung» der Bestände Vorschriften über das Einsetzen erlassen, «wenn dies zur Erhaltung lokaler Rassen oder zur Wahrung der nachhaltigen Nutzung notwendig ist» (Art. 8 Abs. 3 VBGF). [8] Einheimische Forellen sind die fischereilich am meisten «genutzten» Arten in Schweizer Bächen und Flüssen. Der Besatz mit Forellen wird daher als «Bewirtschaftungsstrategie» bezeichnet. Ein Besatz ist immer mit ökologischen Risiken und ökonomischen Konsequenzen verbunden: Als «Vorteile» gelten neben dem Populationserhalt zur Verbesserung der Lebensräume auch die «Ermöglichung einer Nutzung» sowie «Einnahmen durch Fischerei», während die Konkurrenz zu Wildfischen und die potenzielle Gefährdung von Amphibien und Krebsen als Nachteile angeführt werden. [8] Somit steht das finanzielle Interesse an der Ausbeutung der Natur dabei offensichtlich über dem Naturschutz.

Die ausgesetzten Tiere können ausserdem vermehrt natürliche Feinde wie Reiher und Kormorane anlocken, die Angler oft als Konkurrenten sehen – teilweise wird dann der Abschuss durch Jäger verlangt.

3 Gründe, warum Angeln Umwelt und Natur zerstört

1. Anfüttern kann Gewässer belasten:

Wenn beim Angeln regelmässig grosse Mengen Anlockfutter in ein Gewässer – vor allem in kleine Seen oder Teiche – eingebracht werden, um Fische zur Angelstelle zu locken und zu halten, kann die erhöhte Nährstoffzufuhr die Eutrophierung des Wassers begünstigen. Angler bestreiten häufig, dass das Anfüttern einen Einfluss auf die Nährstoffkonzentration von Gewässern hat – zumindest in stehenden Gewässern wie Baggerseen führt regelmässiges Anfüttern jedoch nachweislich zur Eutrophierung mit Algenbildung und zu Sauerstoffmangel. [9]

Erhöhte Nährstoffeinträge in Gewässern lassen sich hauptsächlich auf die Landwirtschaft, deren Gülle als Dünger zum Beispiel ins Grundwasser gelangt, sowie den Strassenverkehr mit ausgewaschenen Stickoxiden aus der Luft zurückführen. [10] Das Problem der Eutrophierung bedroht die Artenvielfalt in den weltweiten Gewässern. [11]

2. Zurückgelassener Müll ist eine Gefahr für Tiere:

Manche Angler hinterlassen – teilweise absichtlich, teilweise unabsichtlich – Müll in Gewässernähe. Für Tiere stellen nicht sachgemäss entsorgte Angelschnüre, in denen sie sich verfangen und sich dadurch oder an den daran befindlichen Haken verletzen können, ein grosses Risiko dar. [10] Wenn Haken zurückgelassen werden, können sich unter anderem Vögel schwer verletzen: Wenn Wasservögel Angelhaken verschlucken, kann das zum Tod führen. Seitdem dauerhafte Köderdosen vermehrt zum Einsatz kommen, bleiben weniger Einwegverpackungen für Maden, Würmer und andere Angelköder in Gewässernähe liegen. Einige Angler lassen jedoch rücksichtlos Verpackungsmüll mitgebrachter Speisen und Getränke in der Natur zurück.

3. Unvorsichtige Angler können Ufer und Laichgebiete zerstören:

Zum Teil zerstören Angler, die stundenlang ihrem Hobby an Ufern und in flachen Gewässern nachgehen, Quell- und Wiesengräben, die als Laichgebiete dienen – oft unbewusst. Gelegentlich renaturieren einige Anglervereine auch Quell- und Wiesengräben als Laichgebiete auf eigene Kosten, zu einem grossen Teil werden solche Renaturierungsprojekte jedoch vom Bund finanziert. [12]

Fische sind Teil der Natur – sie zu töten, ist kein Naturschutz

Fische sind fühlende Lebewesen, die Schmerz empfinden – und ein wichtiger Bestandteil natürlicher Ökosysteme. Bereits seit über 400 Millionen Jahren leben Fische in den Gewässern unserer Erde. Sie sind Wirbeltiere, die über ein Gehirn und ein zentrales Nervensystem verfügen. Ihre Schmerzrezeptoren ähneln denen von Säugetieren – Fische können also, ähnlich wie wir Menschen, Schmerz empfinden. [13] Sie aus ihrem Zuhause zu angeln, um sie zu töten, ist kein Naturschutz.

Viele Angler beteuern, sie würden diesem «Hobby» nachgehen, weil sie die Natur lieben und sie schützen wollen. Für Schweizer Angler stehen Erholung und Entspannung sowie das Naturerlebnis bei der Ausübung ihres Hobbys an erster Stelle – auf Kosten der Tiere, für die Angeln Leid und Tod bedeutet. Viele Angler haben ausserdem angegeben, dass sie sich Sorgen um die Qualität der Gewässer machen und Freiwilligenarbeit zugunsten der Fischbestände, der Gewässer und der Natur leisten: Dabei hat die Renaturierung von Ufern inklusive Düngeverbot Priorität [8] – eine Stabilisierung der Fischbestände und Massnahmen zum Uferschutz kommen jedoch auch den eigenen Interessen zugute. Selbst wenn Angler an Gewässern gelegentlich Müll einsammeln und sich für Naturschutz engagieren, indem sie beispielsweise Bäume zum Schutz vor Bibern einzäunen, ist das Töten von fühlenden Lebewesen kein Naturschutz: Während Angler sich durchaus aktiv für den Umweltschutz einsetzen können, ist das Angeln selbst – also das Fangen und Töten von Lebewesen – kein Umweltschutz. Vielmehr ist Angeln oft mit der rücksichtslosen Plünderung und Ausbeutung der Natur sowie der Gefährdung anderer Tierarten verbunden.

Es ist nämlich auch möglich, die Natur zu geniessen, ohne Tiere zu töten. Angeln führt zu einer zunehmenden Empfindungslosigkeit gegenüber Fischen als fühlende Lebewesen, anstatt Respekt gegenüber wild lebenden Tieren zu lehren. Vielmehr vermittelt Angeln die Botschaft, dass Fische Spielzeuge, Sporttrophäen oder Nahrungsmittel sind – obwohl sie eigenständige, schutzbedürftige Lebewesen sind, die ein unversehrtes Leben in Freiheit führen möchten.

Wenn die Umwelt und die Tiere als Teil der Natur nachhaltig geschützt werden sollen, muss es strengere Regelungen geben und jeglicher Fischfang verboten werden.

WAS SIE TUN KÖNNEN

Bitte informieren Sie sich darüber, warum Angeln immer mit Tierleid verbunden ist und entscheiden Sie sich für tierfreundliche Sportarten und Hobbys in der Natur:

  • Wandern, Campen oder Fahrradfahren – es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, die Natur zu erleben, ohne Tiere zu töten.
  • Wenn Sie zum Naturschutz beitragen möchten, können Sie Müllangeln gehen oder gefährlichen Abfall in Gewässernähe einsammeln.
  • Wenn Sie sich für Wildtiere interessieren, können Sie heimische Vögel beobachten und das tierische Leben im und am Wasser vom Ufer oder Kanu aus beobachten.