Schweizer Rindermast: Die meisten Rinder sehen nie die Sonne

Rinder haben eine ausgeprägte Persönlichkeit und unterschiedlichste Charaktereigenschaften: Manche sind neugierig und abenteuerlustig, andere zurückhaltend und ruhig. Sie schliessen enge Freundschaften untereinander, leben in einem komplexen Herdensystem und trauern um verstorbene Artgenossen. Nicht zuletzt sind Kühe fürsorgliche Mütter, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmern.

All diese Bedürfnisse und Eigenschaften können die meisten Rinder in der Schweizer «Mastindustrie» jedoch nicht ausleben. Viele Konsumenten haben eine falsche Vorstellung von der hiesigen Rinderhaltung und malen sich idyllische Bilder mit glücklichen Tieren auf grünen Wiesen aus. Doch mehr als die Hälfte der über 400.000 Schweizer «Mastrinder», die jährlich geschlachtet werden, sieht niemals eine grüne Wiese oder das Sonnenlicht. [1, 2, 3] In der konventionellen Tierhaltung fristen die Tiere ein trauriges Dasein in kargen Ställen, bis sie im Alter von nicht einmal zwei Jahren im Schlachthaus getötet werden. [4]

Überzüchtung von «Mastrindern»

Die Tierwirtschaft hat Rinder domestiziert und züchtet heute verschiedene Rassen für den menschlichen Konsum – sogenannte Milchrassen und spezielle Fleischrassen. Die Tiere wurden dahingehend gezüchtet, entweder aussergewöhnlich viel Fleisch anzusetzen oder unnatürlich hohe Mengen an Milch zu produzieren. Das ursprüngliche Rind, der Auerochse, ist inzwischen ausgestorben. [5]

Während die eigentliche Lebenserwartung von Rindern bei etwa 20 Jahren liegt, können einige Fleischrassen dieses Alter aufgrund der Überzüchtung niemals erreichen. Ihre Körper leiden unter der zuchtbedingt hohen Fleischmasse, was häufig zu Organversagen, Gelenkproblemen oder Stoffwechselkrankheiten führt. Mit einem Gewicht von oftmals über 700 Kilogramm werden die Mastrinder nach weniger als zwei Lebensjahren zum Schlachthaus transportiert, wo ihnen bei oft unzureichender Betäubung die Kehle durchgeschnitten wird. [6, 7] Zur Produktion von Kalbfleisch werden die Tiere noch im Kindesalter mit gerade einmal drei bis fünf Monaten getötet.

Verängstigtes Rind im Schlachthof
Die letzten Stunden ihres Lebens sind für die Tiere fast ausnahmslos mit Stress, Angst und Schmerz verbunden.

Über die Hälfte der Rinder sieht niemals eine grüne Wiese

Über die Hälfte der Schweizer Mastrinder lebt in der konventionellen Tierhaltung. [1] Dort müssen lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen eingehalten werden, was für die Rinder ein Leben auf engstem Raum bedeutet. Einem vier Monate altem Kalb stehen gerade einmal 1,5 m² zur Verfügung, während sich ein Rind ab einem Gewicht von 400 Kilo mit einer Fläche von 3 m² begnügen muss. [8] Die bis zu 700 Kilo schweren Rinder leiden nicht nur unter Platzmangel, sondern auch unter fehlenden Rückzugsmöglichkeiten und können sich bei Konflikten untereinander nicht ausweichen. Sie haben keinen gesetzlich vorgeschriebenen Zugang zu einer Wiese, sondern verbringen ihr ganzes Leben meist in einem Stall auf Spaltenböden ohne Stroh – gesetzlich vorgeschrieben sind lediglich geeignete Einstreu oder verformbares, weiches Material auf den Böden. [9] In der konventionellen Haltung haben Rinder zudem kaum Beschäftigungsmöglichkeiten, worunter sie sowohl physisch als auch psychisch stark leiden. So entwickeln die Tiere nicht selten Verhaltensstörungen und Erkrankungen der Klauen, eitrige Wunden, Abszesse oder gar Knochenbrüche.

Auch die Bio- und Label-Haltung verursacht Tierleid

2 Prozent der Rinder werden gemäss Bio-Standards gehalten, [10] ein weiterer geringer Prozentsatz entsprechend den Standards von Tierhaltungsprogrammen, darunter etwa das BTS- Programm und das RAUS-Programm des Bundes. In diesen Haltungsformen haben die Rinder theoretisch Anspruch auf Weidegang, mehr Platz und Stroh auf ihren Liegeflächen im Stall – doch der frühzeitige Tod im Schlachthaus bleibt auch ihnen nicht erspart. Zudem sind einige der «tierfreundlicheren» Haltungsprogramme lediglich Augenwischerei: Bei der besonders tierfreundlichen Stallhaltung (BTS) beispielsweise liegen die Haltungsanforderungen nur knapp über den gesetzlichen Mindestanforderungen. [1]

Rind
In der Landwirtschaft zählt das einzelne Individuum nicht.

WAS SIE TUN KÖNNEN

Rinder sind Lebewesen und keine Nutzungsobjekte, die für uns leiden sollten. Entscheiden Sie sich daher gegen tierische Produkte und setzen sie stattdessen auf vegane Alternativen. Mit tierfreundlichen Konsumentscheidungen können nicht nur unzählige Tiere vor dem Schlachthof bewahrt werden – eine pflanzliche Lebensweise kommt auch der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung zugute.