Vitamin B12 erfüllt wichtige Aufgaben in unserem Organismus und muss unserem Körper regelmässig zugeführt werden. Der Mikronährstoff findet sich jedoch nur in tierischen Produkten; pflanzliche Lebensmittel hingegen stellen keine sichere Quelle dar. Allerdings wird Vitamin B12 – auch das in tierischen Produkten enthaltene – von Mikroorganismen gebildet und muss somit nicht über tierische Erzeugnisse aufgenommen werden.
Menschen, die sich vegan ernähren, können sich mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln ausreichend mit Vitamin B12 versorgen. Die regelmässige Supplementierung in der erforderlichen Dosis bietet sogar eine bessere Versorgung mit B12 als eine mischköstliche Ernährung. Wir sind zur B12-Versorgung unseres Körpers also nicht auf den Konsum von Tierprodukten angewiesen, mit dem wir Leid und Tod von Tieren in Auftrag geben. Tatsächlich wird Vitamin B12 auch sogenannten Nutztieren mit ihrer Nahrung verabreicht.
Was ist Vitamin B12?
Wenn von Vitamin B12 die Rede ist, sind chemische Verbindungen gemeint, die zur Gruppe der sogenannten Cobalamine gehören und im Körper Vitaminfunktion haben – also für bestimmte Aufgaben genutzt werden. [1]
Woher kommt Vitamin B12?
Cobalamine, also auch Vitamin B12, werden von Mikroorganismen gebildet. Tiere, Menschen und Pflanzen sind dazu nicht in der Lage. Ganz gleich, ob das Vitamin in angereicherten Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln oder tierischen Produkten zu finden ist: Es stammt immer von Mikroorganismen. Allerdings können nicht alle Mikroorganismen Cobalamine bzw. Vitamin B12 bilden, manche stellen auch Analoga (Cobalamine ohne Vitaminwirksamkeit) her. [1, 2]
Für was ist Vitamin B12 gut?
Vitamin B12 erfüllt als sogenannter Co-Faktor von zwei Enzymen eine sehr wichtige Funktion im Körper. Auch wenn es nur an wenigen Reaktionen beteiligt ist, sind diese aber grundlegend. Vitamin B12 ist unter anderem wichtig für die Zellteilung. Dabei ist es bedeutend für die Funktionsfähigkeit des Nervensystems, denn es ist an der Bildung und Erhaltung der Myelinscheide beteiligt und bildet, ähnlich wie bei einem Stromkabel, eine Art Isolierung um die Nervenfasern. Damit ist es elementar für die Blutbildung. [1, 3, 4]
Vitamin B12 spielt darüber hinaus bei der Entgiftung von Homocystein eine Rolle. Bei all dem ist der Stoffwechsel von Vitamin B12 eng mit dem der Folsäure verbunden, denn Vitamin B12 wandelt Folsäure wieder von inaktiv zu aktiv um. [1, 3, 4]
Wie viel Vitamin B12 speichert der Körper?
Vitamin B12 wird vom Körper gespeichert – zu einem Grossteil in der Leber, aber auch in der Muskulatur. Mit einer guten Versorgung über die Nahrung liegen die Speicher bei etwa 2-4 mg. Bei einer Vitamin-B12-freien Ernährung kann der Körper auf diese Speicher zurückgreifen. Es kann Jahre (Angaben in der Literatur schwanken) dauern, bis die Speicher völlig entleert sind. [3]
Die Grösse des Speichers einer Person ist meist nicht bekannt. Daher sollte man bei einer veganen Ernährung mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln nicht warten, bis die Speicher leer sind. Oft wird schon bei einer (vorangegangenen) vegetarischen Ernährungsweise zu wenig Vitamin B12 aufgenommen. Auch Menschen, die sich mischköstlich ernähren, können unzureichend versorgt sein – insbesondere ältere Menschen, Menschen mit bestimmten Krankheiten oder Menschen, die bestimmte Medikamente einnehmen. Die Symptome eines B12-Mangels können zu Beginn unspezifisch sein und werden daher häufig nicht auf einen Vitamin-B12-Mangel zurückgeführt.
Welche Symptome gibt es beim Vitamin B12-Mangel?
Bei einem Mangel an Vitamin B12 sind fast alle Zellen unseres Körpers betroffen. Ein Vitamin-B12-Mangel kann bei Menschen unterschiedlich ausfallen und ist zu Beginn nicht immer eindeutig, was die Diagnose verzögern kann. Die Früherkennung einer Unterversorgung vor dem Auftreten von Mangelsymptomen ist also ratsam. [3] Zu den Symptomen eines Vitamin-B12-Mangels gehören [3, 5, 6]:
- Müdigkeit
- Erschöpfung
- Kraftlosigkeit
- Infektanfälligkeit
- Schlaf- und Konzentrationsstörungen
- Stimmungsschwankungen
- Schwindel
- Zungenbrennen
Schwere Symptome bei lang andauerndem Mangel:
- Blutarmut
- Schleimhautstörungen
- Schädigung des zentralen Nervensystems
- Taubheit der Gliedmassen
- Lähmungserscheinungen
- Koordinations-, Sensibilitäts- und Sehstörungen
- Psychosen
- Halluzinationen
- Verwirrtheit
- Depression
Welche Folgen hat ein B12-Mangel?
Mögliche Folgen eines Vitamin-B12-Mangels sind:
- Gestörte Blutbildung
- Schädigungen des zentralen Nervensystems
- Potenzielle Risiken während Schwangerschaft und Stillzeit
- Anhäufung von Homocystein
Bei einer gestörten Blutbildung steht vor allem die Bildung zu grosser roter Blutkörperchen mit einem zu hohen Gehalt an Hämoglobin im Vordergrund, die als makrozytäre oder auch megaloblastäre Anämie bezeichnet wird. Diese äussert sich in Symptomen wie Blässe von Haut und Schleimhäuten. Er kann zu Zungenbrennen kommen, bis hin zu Gewebeschwund an Mund-, Zungen- und Darmschleimhaut. Daraus wiederum kann eine Aufnahmestörung im Darm entstehen. Begleitet wird dies von unspezifischen Symptomen wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Infektanfälligkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen und Schwindel. [1, 3, 4]
Noch schwerwiegender ist eine andere Form von Vitamin-B12-Mangel, die auf der Bedeutung von Vitamin B12 für das Nervensystem beruht. Hierbei kommt es zu Schädigungen der Rückenmarksnerven. Die Symptome reichen von einem leichten Brennen und Kribbeln an den Händen, Füssen und anderen Körperstellen bis hin zu Taubheit der Gliedmassen, Lähmungserscheinungen oder Koordinations-, Sensibilitäts- und Sehstörungen. Psychiatrische Symptome wie Verwirrtheit und Gedächtnisstörung, aber auch schwerwiegendere Erkrankungen wie Psychosen, Halluzinationen und Depression können die Folge sein. [1, 3, 4]
Beide Formen des B12-Mangels können unabhängig voneinander auftreten. Problematisch ist, dass die Anämie durch eine hohe Zufuhr von Folsäure überdeckt werden kann, während die neurologischen Folgen fortschreiten. Die neurologischen Folgen können zudem irreversibel sein. [1, 3]
Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B12 ist zudem in der Schwangerschaft und Stillzeit mit schweren Folgen, vor allem für das Kind, verbunden. Das Risiko eines geringen Geburtsgewichts, eines Neuralrohrdefekts und einer Präeklampsie ist erhöht. Es kann zudem zu schwerwiegenden Wachstum- und Entwicklungsstörungen, insbesondere des zentralen Nervensystems, kommen. [7, 8]
Eine weitere Folge der Unterversorgung mit Vitamin B12 ist nicht so eindeutig, aber auf Dauer ebenso gravierend: Ohne genügend Vitamin B12 häuft sich Homocystein im Blut an, das im Grunde giftig für die Zellen ist. Es besteht der Verdacht, dass hohe Homocysteinwerte Atherosklerose, Demenzerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Vegan lebende Menschen führen ihrem Körper möglicherweise genügend Vitamin B12 zu, um akute Folgen wie eine gestörte Blutbildung und Nervenstörungen zu vermeiden – aber eventuell nicht genug, um die Homocysteinwerte niedrig zu halten. [1, 4, 9]
Kommt es bei vegan lebenden Menschen zu einem B12-Mangel?
Immer mehr Fachgesellschaften weltweit befinden eine gut geplante und ausgewogene vegane Ernährung als gesund und für Erwachsene, Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder, Jugendliche und ältere Menschen geeignet. Sie gehen davon aus, dass diese Ernährungsform gesundheitliche Vorteile im Hinblick auf Prävention und Behandlung bestimmter Krankheiten wie unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und manche Arten von Krebs bieten kann.
Voraussetzung für eine vegane Ernährung ist jedoch eine zuverlässige Vitamin-B12-Quelle. Es gilt heute wissenschaftlich als unumstritten, dass Vitamin B12 bei einer veganen Ernährung zwingend und gezielt zugeführt werden muss. B12 ist das einzige Vitamin, das durch eine abwechslungsreiche, vollwertige vegane Ernährung zusammen mit ausreichend Sonnenlicht nicht zuverlässig zugeführt werden kann. Auch bei anderen Nährstoffen (z. B. Vitamin D und Jod) kann es bei einer veganen Ernährung und anderen Ernährungsformen sinnvoll sein, auf Nahrungsergänzungsmittel zurückzugreifen. [9, 10, 11, 12]
Ein B12-Mangel kann allerdings auch Menschen betreffen, die sich nicht vegan ernähren. So kommt es beispielsweise im Alter häufig zu einer Verminderung der B12-Aufnahmefähigkeit. Auch bestimmte Erkrankungen und Medikamente beeinflussen die B12-Aufnahme. Daher wird auch Menschen, die sich mischköstlich ernähren, empfohlen, Vitamin B12 zu supplementieren. [13]
Zuverlässige Quellen für Vitamin B12 stellen bei einer veganen Ernährung nach derzeitigem Wissensstand nur Nahrungsergänzungsmittel dar, unter gewissen Voraussetzungen auch angereicherte Lebensmittel und eventuell eine mit Vitamin B12 angereicherte Zahncreme. Sie gewährleisten eine optimale B12-Versorgung und machen es möglich, von den gesundheitlichen Vorteilen einer veganen Ernährung zu profitieren. [3, 9] Angereicherte Lebensmittel sind durch den Zusatz von bestimmten (Nähr-)Stoffen wie Mineralstoffen und Vitaminen gekennzeichnet. Typische Lebensmittel, die mit Vitamin B12 angereichert sein können, sind Energy Drinks, Frühstückscerealien, Milch- und Käsealternativen sowie Säfte. Die Dosierung schwankt zwischen Ländern und Marken.
Wie Untersuchungen grösserer Gruppen und Einzelfallberichte von Betroffenen bestätigen, entwickeln sich ohne Vitamin-B12-Zufuhr innerhalb einiger Jahre Mangelsymptome; bei manchen Menschen kommt es auch schon innerhalb eines Jahres zu Problemen. Auch wenn keine akuten Mangelerscheinungen auftreten und Menschen sich zunächst ohne B12-Supplementierung gesund fühlen, kann eine langjährige Unterversorgung (ohne klinische Symptome) schwere Folgeschäden haben. [3, 9, 8, 10, 14]
Leider gibt es Menschen, die das Thema Vitamin B12 bei veganer Ernährung herunterspielen – mit der Behauptung, dass andere pflanzenessende Tiere über ihre Ernährung auch kein Vitamin B12 aufnehmen würden. Und auch das Vorkommen sogenannter Analoga (Moleküle, die wie Vitamin B12 erscheinen, aber nicht wirksam sind) macht das Thema komplizierter und führt zu missverständlichen Meldungen. Manche Menschen verlassen sich auf veraltete Messmethoden von Vitamin B12 und sind der Auffassung, dass der Konsum von Nahrungsmitteln wie Norialgen, Spirulina, Tempeh oder Weizengras ausreicht. Diese Quellen haben sich nach dem derzeitigen Wissensstand jedoch als unzureichend herausgestellt. Menschen, die sich vegan ernähren, müssen die Zufuhr von Vitamin B12 daher über Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel sicherstellen. [3, 9]
Sollte man Vitamin B12 supplementieren?
Bei einer veganen Ernährung, und in den oben erwähnten Fällen auch bei mischköstlicher Ernährung, muss Vitamin B12 also gezielt zugeführt werden. Diese Supplementierung muss in ausreichender Menge erfolgen, um die Vorteile einer veganen Ernährung ausschöpfen zu können. Bezüglich der Dosierung von Nahrungsergänzungsmitteln und der Verzehrmenge an angereicherten Lebensmitteln treffen Verbände und Fachleute auf dem Gebiet der veganen Ernährung unterschiedliche, jedoch sehr ähnliche Aussagen.
Die allgemeinen Zufuhrempfehlungen für Vitamin B12 bei Erwachsenen liegen in der Schweiz, Deutschland und Österreich bei 4 µg pro Tag (DACH-Referenzwerte). Die Empfehlungen sind so gewählt, dass bei einer Absorptionsrate von 50 Prozent der tatsächliche Bedarf von 1-2 µg durch Lebensmittel gedeckt wird. Erfolgt die Aufnahme über Nahrungsergänzungsmittel, muss die Dosierung anders gewählt werden, da die Absorption sehr unterschiedlich sein kann. Bei hohen Dosen (1.000 µg und höher) liegt die Rate teils nur bei 1 Prozent. [3, 9, 15]
Wie viel Vitamin B12 sollte man supplementieren?
Die wissenschaftliche Beratungsgruppe der International Vegetarian Union (IVU) empfiehlt für die Supplementierung von Vitamin B12 die folgenden Mengen:
- Einmal pro Tag mindestens 10 µg Vitamin B12 über Supplemente
oder - Zwei- bis dreimal pro Tag insgesamt 3 µg Vitamin B12 über angereicherte Lebensmittel
oder - Einmal pro Woche 2.000 µg Vitamin B12 über Supplemente
Das Buch «Vegane Ernährung. Schwangerschaft, Stillzeit und Beikost» rät zur täglichen Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels von bis zu 50 µg, während die Website veganhealth.org die Aufnahme von bis zu 250 µg pro Tag empfiehlt. [7, 9, 16]
Auch angereicherte Lebensmittel stellen eine gute B12-Quelle dar. Hier sollte man jedoch die Angaben auf den Lebensmittelverpackungen sehr genau lesen und die durchschnittliche tägliche Aufnahme berechnen. Die Verfügbarkeit und Dosierung angereicherter Lebensmittel können in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sein. Mit Ausnahme der Milchalternativen gehören viele dieser Lebensmittel ausserdem zu Lebensmittelgruppen, die nicht täglich bzw. nur mässig verzehrt werden sollten. Da dies für die Vitamin-B12-Versorgung jedoch unzureichend ist, kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wesentlich einfacher sein und erscheint im deutschsprachigen Raum empfehlenswerter. Zusätzlich kann auch eine angereicherte Zahncreme verwendet werden; erste Studienergebnisse hierzu erscheinen vielversprechend. [17, 18]
Eine Überdosierung mit B12 wurde bisher nicht beobachtet. Das Vitamin ist auch bei hohen Dosen von 5 mg pro Tag ungiftig, [3, 4] denn der Überschuss wird ausgeschieden. Dennoch sollte man nicht unnötig hoch supplementieren. Soweit kein Mangel vorliegt, kann man den Empfehlungen folgen und sollte die eigene Versorgungslage in regelmässigen Abständen (am besten jährlich) durch eine Blutuntersuchung feststellen lassen. Im Zweifelsfall ist ärztlicher Rat oder eine Ernährungsberatung zu empfehlen.
In welcher Form sollte man Vitamin B12 einnehmen?
B12-Supplemente werden als Tabletten, Tropfen, Injektionen oder Sprays angeboten. Sie können verschiedene Formen von Cobalamin enthalten, beispielsweise Adenosylcobalamin (5´-Desoxyadenosylcobalamin), Cyanocobalamin, Hydroxocobalamin und Methylcobalamin. Welche Form verwendet wird, ist dabei eher unerheblich, denn die sind alle gleichermassen wirksam. [1]
Für den Stoffwechsel der Zelle ist es eher unwichtig, in welcher Form Vitamin B12 angeboten wird. Die namensgebende Restgruppe wird nach der Freisetzung aus dem Lysosom (abgegrenzter Bereich einer Zelle) für eine chemische Reaktion abgespalten – auch bei Adenosyl- und Methylcobalamin aus Nahrungsergänzungsmitteln. [19, 20]
Aufgrund seiner Stabilität ist Cyanocobalamin die am meisten genutzte Form in angereicherten Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Cyanocobalamin kann im Körper in vitaminwirksame Cobalaminformen umgewandelt werden. Adenosyl- und Methylcobalamin sind Formen, die im Körper als Co-Enzyme wirksam sind, das heisst auch im Körper «verwendet» werden. Sie werden ebenfalls als Supplemente angeboten, scheinen dabei aber nicht effektiver zu sein. Eventuell brauchen Sie eine höhere Dosierung (manche sprechen von 1.000 µg/Tag). Hydroxocobalamin wird effektiv bei Injektionen verwendet und ist die Form, die sich auch üblicherweise in Lebensmitteln befindet. [1, 10, 21]
Cyanocobalamin ist für den Menschen sicher. Das Cyanid stellt keine Gesundheitsgefahr dar und gilt als physiologisch nicht signifikant. Ähnliche Mengen an Cyanid nehmen wir auch über Früchte und Gemüse auf. Cyanocobalamin ist zudem gut untersucht, weithin erhältlich und preisgünstiger. Bislang wurden offenbar noch keine Studien mit vegan lebenden oder allgemein gesunden Menschen durchgeführt, in denen die drei Cobalamin-Formen verglichen wurden. Somit ist eine definitive Aussage schwer zu treffen. [19]
Werden für Vitamin-B12-Präparate Tierversuche durchgeführt?
Für die Zulassung von Medikamenten sind Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben. Daher stellen sich einige Menschen die Frage, ob auch für Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin B12 Tierversuche durchgeführt werden.
Zunächst lässt sich festhalten, dass es sich bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht um Medikamente handelt. Das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) betont, dass Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel sind und deshalb dem Lebensmittelrecht unterstehen. Unternehmen, die Nahrungsergänzungsmittel herstellen, importieren und anbieten, sind für die Sicherheit der Produkte verantwortlich und werden stichprobenweise von der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde bezüglich der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben kontrolliert. [18] Tierversuche sind somit also nicht grundsätzlich gesetzlich vorgeschrieben, können aber auch nicht generell ausgeschlossen werden.
Wer auf Nummer sicher gehen will, der wendet sich am besten direkt an das herstellende Unternehmen und erkundigt sich, mit welchen Massnahmen die Produktsicherheit gewährleistet wird bzw. ob Tierversuche ein Teil der Sicherheitsüberprüfungen sind. Auf unserer Website „PETA Approved“ finden Sie mit einer Suche nach «Nahrungsergänzung» Herstellungsbetriebe, die zusichern, keine Tierversuche durchzuführen oder zu finanzieren.
Welche Lebensmittel enthalten Vitamin B12?
Teilweise ist zu lesen, dass in bestimmten Lebensmitteln offenbar Vitamin B12 nachgewiesen wurde. Tatsächlich könnten künftig alternative Quelle für Vitamin B12 gefunden werden, doch hierzu sind noch umfassende Untersuchungen erforderlich. In der Zwischenzeit können solche Lebensmittel daher nicht als sichere Quelle erachtet werden.
Auf der Website veganhealth.org wird das Thema wie folgt zusammengefasst: «Man kann es nicht genug betonen: Solange ein bestimmtes Lebensmittel, das aus verschiedenen Regionen stammt, den Vitamin-B12-Status (durch Senkung des MMA-Spiegels) beim Menschen nicht konsistent verbessert, sollte es nicht als Vitamin-B12-Quelle verwendet werden.» [3, 16]
Ein Grund für falsche Darstellungen sind veraltete Messmethoden, die nicht zwischen Vitamin B12 und Analoga unterscheiden und zum Teil auch heute noch angewendet werden. Vermeintliches Vitamin B12 stellt sich bei besseren Messverfahren als inaktiv heraus. Ferner fehlen meist Untersuchungen am Menschen, die zeigen, dass das in einem bestimmten Produkt enthaltene Vitamin B12 vom menschlichen Organismus genutzt werden kann. Sind neben Vitamin B12 etwa auch Analoga enthalten, so kann der Vitamin-B12-Stoffwechsel gestört und das Vitamin B12 im Grund inaktiviert werden. Zuverlässige Aussagen liefern nur längere Studien, die zeigen können, ob ein Lebensmittel einer Unterversorgung konstant vorbeugen und diese ausgleichen kann. [2, 3]
Nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand gilt: Beim Menschen stellt die Darmflora des Dickdarms keine Quelle für Vitamin B12 dar, da die Aufnahme von B12 bereits im Dünndarm erfolgt. Auch Bierhefe, Lupinenprodukte, Sanddorn und Weizengras können nicht als zuverlässige B12-Quellen erachtet werden. Ebenso sind die meisten Meeresalgen sowie Cyanobakterien, die als Nahrungsergänzungsmittel wie Spirulina angeboten werden, nicht zuverlässig. Grund für anderslautende Meldungen ist hier auch eine veraltete Messmethode. [2, 3]
Möglicherweise bringt die Zukunft neue Erkenntnisse zu Meeres- und Süsswasseralgen. Untersuchungen deuten darauf hin, dass der Seetang Nori und die Süsswasser-Mikroalge Chlorella nennenswerte Mengen an Vitamin B12 in bioverfügbarer Form enthalten. Ähnliches gilt auch für Queckenwurzeln, die in Symbiose mit Vitamin B12 produzierenden Bakterien leben. Studien am Menschen, die untersuchen, ob dieses Vitamin B12 den Vitamin-B12-Status jedoch konstant verbessert, fehlen bisher bzw. sind nicht ausgewertet. Sie alle können deswegen zurzeit nicht als zuverlässige Quelle für Vitamin B12 bei einer veganen Ernährung empfohlen werden. [3, 9]
Woher bekommen Tiere Vitamin B12?
Auch Tiere brauchen Vitamin B12. Fleischessende Tiere nehmen das Vitamin über ihre Nahrung auf. Viele pflanzenessende Tiere decken ihren Bedarf ganz oder teilweise über Vitamin B12 produzierende Bakterien in ihrem Magen-Darm-Trakt (Darm- oder Pansenflora). Hierzu greifen sie direkt darauf zu oder essen ihren eigenen Kot. Nach aktuellem wissenschaftlichem Stand können sich nur Wiederkäuer wie Kühe mit dem von Darmbakterien produzierten B12 selbst versorgen. Tiere nehmen Vitamin B12 teilweise über unsaubere Nahrung auf, da sich die Vitamin B12 produzierenden Bakterien und Hefen auch auf dem Erdboden und auf Pflanzen befinden können.
Der Mensch ist darauf angewiesen, Vitamin B12 über die Nahrung zuzuführen. Omnivor lebende Menschen tun dies über den Konsum tierischer Produkte, die (ausser Honig) so gut wie immer Vitamin B12 enthalten. wenn auch in unterschiedlichen Mengen. [1, 2, 3] Das in tierischen Produkten enthaltene B12 wird von sogenannten Nutztieren jedoch nicht auf natürliche Weise gebildet oder aufgenommen, denn diese Tiere haben kaum Zugang zu natürlichen B12-Quellen. Sie können sich meist nicht in der freien Natur bewegen und werden in der Regel auch nicht natürlich ernährt. Um dem entgegenzuwirken, wird ihrer Nahrung unter anderem Vitamin B12 zugesetzt. [22, 23] Selbst im Darm von Kühen kann B12 nur dann gebildet werden, wenn die Nahrung der Tiere genügend Kobalt enthält, [24] was in der Tierhaltung jedoch oft nur durch künstlichen Zusatz der Fall ist.
Einige Knollen- und Wurzelgemüse können Spuren von Vitamin B12 enthalten, wenn sie in Symbiose mit Knöllchenbakterien leben. Ungewaschenes Gemüse ist heute keine sichere B12-Quelle mehr, denn die natürliche Bodenflora von Ackerflächen wurde durch die industrielle Landwirtschaft grösstenteils zerstört. Zudem sollten Pestizidrückstände an Gemüse unbedingt abgewaschen werden. Auch vergorene Lebensmittel (zum Beispiel Bier und Sauerkraut) sowie bakteriell kontaminierte Lebensmittel können eventuell Spuren von Vitamin B12 aufweisen. Bakterien, die zur Gärung eingesetzt werden, wie unter anderem Milchsäurebakterien, bilden jedoch kein Vitamin B12. Mögliche Spuren sind also eher auf Verunreinigungen mit anderen ungewollten Bakterien zurückzuführen. All diese Lebensmittel leisten mit dem nur gelegentlichen und sehr geringen Vorkommen an Vitamin B12 bei einer veganen Ernährung also keinen sicheren Beitrag zur Versorgung mit Vitamin B12. [1, 2, 3]
Wie oft sollte man seinen Vitamin-B12-Status prüfen lassen?
Für Menschen, die einer Risikogruppe für Vitamin-B12-Mangel angehören, ist eine jährliche Untersuchung der Versorgung ratsam. Dazu gehören vegan lebende, aber auch, wie oben erwähnt, Menschen mit bestimmten Erkrankungen oder Menschen, die bestimmte Medikamente einnehmen. Auf diese Weise kann ein möglicher Mangel frühzeitig erkannt werden. Dies gilt auch für Menschen, die konsequent supplementieren, zumal die Studienlage noch unzureichend ist. Ein Vitamin-B12-Mangel im Blut kann auch nachgewiesen werden, wenn sich die betroffene Person gut fühlt, die krankhaften Veränderungen sich aber bereits entwickeln.
Für die Bestimmung des Vitamin-B12-Status gibt es verschiedene Messverfahren. Die früher geläufige und heute noch oft durchgeführte Messung der Konzentration von Vitamin B12 im Blut (Plasma) ist dabei nicht sinnvoll. Ein geeigneter Blutparameter ist Holo-Transcobalamin (Holo-TC). Ein sinkender Spiegel zeigt an, dass sich die Speicher bereits leeren und dem Körper nicht genug verwertbares Vitamin B12 zur Verfügung steht. Niedrige Holo-TC-Werte sind die frühesten Anzeichen eines Mangels. Dazu können ausserdem die Methylmalonsäure (MMA) und der Homocysteinspiegel gemessen werden, die beide ansteigen, wenn ein Vitamin-B12-Mangel vorliegt. Eine kombinierte Bestimmung bzw. ergänzende Bestimmungen von MMA und Homocystein, wenn die Holo-TC-Werte auffällig sind, können frühzeitig helfen, eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B12 zu erkennen und zu beheben. [3, 4]
VEGAN WERDEN: WIR HELFEN IHNEN BEIM EINSTIEG!
Bitte machen Sie zur Aufnahme von Vitamin B12 keinen Umweg über das Fleisch eines in Gefangenschaft gehaltenes «Nutztiers». Auch Tieren wird B12 über die Nahrung zugeführt – nehmen Sie das Nahrungsergänzungsmittel also einfach direkt zu sich. Das bewahrt Tiere vor Qual und Tod und garantiert eine bestmögliche Versorgung. So zeigte eine Studie bereits im Jahr 2000, dass Menschen, die regelmässig B12 supplementieren, die besten B12-Blutwerte aufweisen. [25]
Entscheiden Sie sich für eine vegane Ernährung, denn nur so tragen Sie dazu bei, das Leiden und Töten von Tieren zu beenden. Auch das für unseren Körper wichtige Vitamin B12 können Sie als vegan lebender Mensch ganz einfach zu sich nehmen – in Form von Tropfen oder Tabletten, über angereicherte Lebensmittel wie Pflanzendrinks oder über Zahnpasta mit B12.
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Quellen
[1] Stahl, Anna / Heseker, Helmut (2007): Vitamin B12 (Cobalamine): Physiologie, Vorkommen, Analytik, Referenzwerte und Versorgung in Deutschland, Ernährungs Umschau 10/07, einsehbar unter https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2007/10_07/EU10_594_601.qxd.pdf (eingesehen am 14.11.2023)
[2] Norris, Jack (2015): B12 in Plant Foods, https://veganhealth.org/vitamin-b12-plant-foods (eingesehen am 14.11.2023)
[3] Keller, Markus (2014): Vitamin B12: Manchmal wird es knapp. UGBforum spezial: Vegan und vollwertig essen 2014, S. 21-24, https://www.ugb.de/ernaehrungsberatung/vitamin-b12-manchmal-wird-es-knapp/?cobalamin-vitamin-b12 (eingesehen am 14.11.2023)
[4] Elmadfa, Ibrahim (2009): Ernährungslehre (2. überarbeitete Auflage). Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer
[5] Vegan At: Vitamin B12: Versorgung bei veganer Ernährung, https://www.vegan.at/inhalt/vitamin-b12-versorgung-bei-veganer-ernahrung (eingesehen am 14.11.2023)
[6] Zentrum der Gesundheit: Vitamin B12 Mangel beheben, https://www.zentrum-der-gesundheit.de/ernaehrung/vitamine/b-vitamine/vitamin-b12-mangel (eingesehen am 14.11.2023)
[7] Keller, Markus/Gätjen, Edith: Vegane Ernährung. Schwangerschaft, Stillzeit und Beikost (1. Auflage). Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer
[8] Vegan Health (Hrsg.): B12 Deficiency Cases in Vegan Infants and Toddlers. https://veganhealth.org/b12-deficiency-cases-in-vegan-infants-and-toddlers/ (eingesehen am 14.11.2023)
[9] Stephen Walsh and other members from the International Vegetarian Union science group (IVU-SCI) (2001): What Every Vegan Should Know about Vitamin B12: An Open Letter from Health Professionals and Vegan Organizations, https://veganhealth.org/what-every-vegan-should-know-about-vitamin-b12/ (eingesehen am 14.11.2023)
[10] Academy of Nutrition and Dietetics (2016): Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets. J Acad Nutr Diet. 2016;116:1970-1980
[11] Richter M, Boeing H, Grünewald-Funk D, Heseker H, Kroke A, Leschik-Bonnet E, Oberritter H, Strohm D, Watzl B for the German Nutrition Society (DGE) (2016): Vegan diet. Position of the German Nutrition Society (DGE). Ernährungs Umschau 63(04): 92–102. Erratum in: 63(05): M262
[12] Weder S, Schaefer C, Keller M (2018): The Gießen vegan food pyramid. Ernährungs Umschau 65(8): 134–143
[13] MSD Manual: Vitamin-B12-Mangel, https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/ern%C3%A4hrungsst%C3%B6rungen/vitamine/vitamin-b12-mangel (eingesehen am 24.11.2023)
[14] Vegan Health (Hrsg.): Individual Cases of B12 Deficiency in Vegans. https://veganhealth.org/individual-cases-of-b12-deficiency-in-vegans/ (eingesehen am 14.11.2023)
[15] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung (Hrsg.) (2017): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (2. Auflage, 3. aktualisierte Ausgabe). Bonn, einsehbar unter https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-b12/ (eingesehen am 14.11.2023)
[16] Norris, Jack (2013): Explanation of Vitamin B12 Recommendations. https://veganhealth.org/explanation-of-vitamin-b12-recommendations/ (eingesehen am 14.11.2023)
[17] Siebert Anne-Kathrin et al. (2017): Vitamin B-12-fortified toothpaste improves vitamin status in vegans: a 12-wk randomized placebo-controlled study. Am J Clin Nutr 105 (3), 618-25
[18] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: Nahrungsergänzungsmittel, https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/lebensmittelsicherheit/einzelne-lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel.html (eingesehen am 05.09.2023)
[19] Vegan Health (Hrsg.): Methylcobalamin and Adenosylcobalamin. https://veganhealth.org/methylcobalamin-and-adenosylcobalamin/ (eingesehen am 14.11.2023)
[20] Bäßler, Karl-Heinz/Golly, Ines/Loew, Dieter (2007): Vitamin-Lexikon: Vorkommen – Bedarf – Mangelerscheinungen – Anwendungsgebiete – Prävention – Supplementierung (Veränderte Neuauflage). Köln: KOMET
[21] Obeid, Rima/Fedosov, Sergey N./Nexo, Ebba (2015). Cobalamin coenzyme forms are not likely to be superior to cyano- and hydroxyl-cobalamin in prevention or treatment of cobalamin deficiency. Molecular nutrition & food research, 59(7), 1364-72.
[22] Dr. H. Lindermayer G. Propstmeier Dr. W. Preißinger (2009): Grundsätze der Schweinefütterung. Teil 1: Ernährungsphysiologische Grundlagen; online einsehbar unter: https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/ite/dateien/grunds__tze_der_schweinef__tterung.pdf (eingesehen am 15.09.2020)
[23] Dr. N. Albers, Dr. W. Heimbeck, Degussa Dr. Th. Keller, Dr. J. Seehawer, Dr. T.D. Tran. Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V.(Hrsg.) Vitamine in der Tierernährung; online einsehbar unter: https://docplayer.org/3407101-Vitamine-in-der-tierernaehrung.html (eingesehen am 15.09.2020)
[24] Breves, G. & von Engelhardt, W. (2005): Physiologie der Haustiere. MVS Medizinverlage, Stuttgart.
[25] K L Tucker 1, S Rich, I Rosenberg, P Jacques, G Dallal, P W Wilson, J Selhub (2000). Plasma vitamin B-12 concentrations relate to intake source in the Framingham Offspring study. The American Journal of Clinical Nutrition; online einsehbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10648266/ (eingesehen am 15.09.2020)