Beim Thema vegane Ernährung stellt sich teilweise die Frage, ob man dem Körper auch alle wichtigen Nährstoffe zuführen kann. Die Antwort lautet: Ja, es ist problemlos möglich, den Bedarf mit einer pflanzlichen Ernährung zu decken – und zwar ganz ohne intensive Auseinandersetzung mit Nährwerttabellen oder aufwendigen Berechnungen.
In jeder Ernährungsform gibt es kritische Nährstoffe
Die tatsächliche Zufuhr mancher Nährstoffe kann bei allen Ernährungsformen unter den Empfehlungen liegen. Dies lässt sich meist auf eine schlechte Nährstoffverfügbarkeit oder den geringen Verzehr bestimmter Lebensmittelgruppen zurückführen. Als «kritisch» werden jene Nährstoffe bezeichnet, die über die Ernährung potenziell unzureichend aufgenommen werden können. Eine rein pflanzliche Ernährung bietet zwar viele Vorteile, doch einige Nährstoffe werden als potenziell kritisch diskutiert.
Mit der veganen Ernährung lassen sich alle kritischen Nährstoffe abdecken
Produkte tierischen Ursprungs haben kein Monopol auf einen bestimmten Nährstoff und sind auch nicht die ursprüngliche Quelle der Nährstoffe, die sie enthalten. Denn jedes Vitamin wird im Ursprung von Mikroorganismen produziert, und jedes Mineral stammt ursprünglich aus dem Boden und wird von Pflanzen aufgenommen. Somit gelangen Mineralstoffe und Vitamine erst im Laufe der Nahrungskette in tierische Organismen. [1] Wir müssen also keine Tiere ausbeuten und töten, um an bestimmte Nährstoffe zu gelangen, sondern können diese Stoffe aus ihren ursprünglichen Quellen beziehen und uns rein pflanzlich ernähren.
Nachfolgend erfahren Sie, wie eine ausgewogene pflanzliche Ernährung Ihren Körper mit allen potenziell kritischen Nährstoffen versorgen kann.
Eisen
Gute Eisenlieferanten sind Hülsenfrüchte (z. B. Kichererbsen, Linsen oder Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte wie Tofu), Nüsse und Ölsaaten (z. B. Haselnüsse, Kürbiskerne, Leinsamen, Pistazien und Sesam), Vollkorngetreide (z. B. Amaranth, Haferflocken, Hirse, Quinoa und Roggen), verschiedenes Gemüse (z. B. Grünkohl, Randen und Rucola) und getrocknete Früchte (z. B. Aprikosen und Pflaumen). [1, 2] Damit der Körper Eisen aus der Nahrung besser aufnehmen kann, sollte man zu eisenreichen Lebensmitteln auch solche mit viel Vitamin C (z. B. Brokkoli, Grünkohl, Peperoni oder Rosenkohl) oder mit viel Beta-Carotin (z. B. Grünkohl, Honigmelone, Karotte oder Spinat) verzehren. [1]
Jod
Jodmängel treten bei Menschen mit unterschiedlichen Ernährungsformen gleich häufig auf. Jod ist somit nicht nur in der veganen Ernährung ein kritischer Nährstoff. Das liegt daran, dass der Jodgehalt von Pflanzen hauptsächlich vom Jodgehalt des Bodens abhängt und die Schweizer Böden äusserst jodarm sind. Einige Algenarten wie Meeressalat, Nori und Wakame sind gute Jodlieferanten. Am einfachsten lässt sich der Jodbedarf durch die Verwendung eines jodierten Speisesalzes decken. [1]
Kalzium
Es gibt viele pflanzliche Kalziumquellen wie Algen (z. B. Lithothamnium), Chiasamen, Grünkohl, Mandeln, Sesamsamen oder Tofu. Der Kalziumbedarf unseres Körpers lässt sich jedoch am einfachsten mit kalziumreichem Mineralwasser oder mit Kalzium angereicherten Pflanzendrinks decken. [1]
Omega-3-Fettsäuren
Die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA) kann von unserem Körper nicht selbst hergestellt, sondern muss daher mit der Nahrung zugefügt werden. Die besten Quellen sind Chiasamen, Leinsamen und die daraus gewonnenen Öle. Aber auch Hanfsamen, Rapsöl und Walnüsse enthalten die Omega-3-Fettsäure. Aus ALA kann unser Körper unter den richtigen Bedingungen die anderen beiden wichtigen Omega-3-Fettsäuren herstellen – Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Leider sind die erforderlichen Bedingungen nicht immer gegeben, weil beispielsweise nicht genug ALA aufgenommen wird. Daher ist es sinnvoll, DHA und EPA zu supplementieren.
Um den Bedarf des menschlichen Körpers an DHA und EPA zu decken, wird oftmals der Konsum von Fisch oder die Einnahme von Fischölkapseln empfohlen. Für die Versorgung mit den essentiellen Fettsäuren ist es jedoch nicht nötig, Tiere zu töten, denn DHA und EPA stammen ursprünglich aus Mikroalgen. Wir müssen also keine Fische verzehren, die zuvor Algen aufgenommen haben, sondern können die Algen direkt zu uns nehmen und die Fische am Leben lassen. [1] Hierzu eignen sich sogenannte Mikroalgenöle, die in Form von Tropfen problemlos supplementiert werden können.
Protein
Mit einer rein pflanzlichen Ernährung kann der Proteinbedarf problemlos gedeckt werden. Besonders viel Protein enthalten Nüsse und Samen (z. B. Erdnüsse, Hanfsamen, Kürbiskerne, Leinsamen), Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte (z. B. Kichererbsen, Linsen und Sojabohnen sowie daraus hergestellte Produkte wie Seitan, Tempeh und Tofu).
Proteine bestehen aus einzelnen Bausteinen, den Aminosäuren. Acht dieser Aminosäuren kann unser Körper nicht selbst herstellen, daher müssen wir diese sogenannten essentiellen Aminosäuren über die Nahrung aufnehmen. Viele pflanzliche Proteine enthalten im Gegensatz zu tierischen nicht alle acht essenziellen Aminosäuren in ausreichender Menge und werden daher in ihrer Biologischen Wertigkeit oft als schlechter eingestuft. Dabei spielt es keine Rolle welche Aminosäuren ein Lebensmittel oder eine Mahlzeit enthält, wichtig ist das Aminosäurespektrum eines ganzen Tages. Durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinquellen erreicht man leicht eine hohe Biologische Wertigkeit. Ganz einfach: Wer regelmässig Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte kombiniert und ab und zu eine Handvoll Nüsse isst, ist bestens versorgt.
Selen
Wie bei Jod hängt auch der Selengehalt von Pflanzen vom Selengehalt des Bodens ab. Und auch dieser liegt in Schweizer Böden leider sehr tief. Trotzdem gibt es gute pflanzliche Selenlieferanten: Steinpilze und vor allem Paranüsse. [1] Mit nur ein bis zwei Paranüssen pro Tag kann man seinen Selenbedarf decken.
Vitamin B12
Einige Algenarten und manche unter den richtigen Bedingungen fermentierte pflanzliche Lebensmittel enthalten in gewissen Mengen B12. Allerdings sind diese Quellen bisher noch unzureichend erforscht. Doch auch wenn pflanzliche Lebensmittel aktuell keine sichere B12-Quelle darstellen, können wir das Vitamin problemlos als Nahrungsergänzungsmittel supplementieren. [1] Es gibt auch mit B12 angereicherte Pflanzendrinks oder Zahnpasta. Wir müssen zur B12-Versorgung unseres Körpers also keine tierischen Produkte konsumieren und somit keine Tiere töten.
Vitamin B2
Der Bedarf an Riboflavin (Vitamin B2) lässt sich durch pflanzliche Lebensmittel gut decken, beispielsweise mit Gemüse (z. B. Brokkoli, Grünkohl oder Spinat), Nüssen und Samen (z. B. Cashews, Haselnüsse, Kürbiskerne oder Mandeln), Pilzen (z. B. Austernpilze oder Champignons) und Vollkorngetreide. [1, 3]
Vitamin D
Unser Körper kann Vitamin D durch die Eigensynthese in der Haut selbst produzieren, wenn Sonnenlicht – also UV-Strahlen – auf die nackte Haut scheint. Da sich viele Menschen heutzutage nicht ausreichend im Freien aufhalten und die Sonne in den Herbst- und Wintermonaten in unseren Breitengraden zu schwach ist, tritt ein Vitamin-D-Mangel häufig auf – unabhängig von der Ernährungsweise. Auch wenn einige Pilze bei ausreichender Sonneneinstrahlung recht grosse Mengen Vitamin D bilden können, sind Vitamin-D-reiche Lebensmittel sowohl in der pflanzlichen als auch in der mischköstlichen Ernährung rar. [1] Es kann also sinnvoll sein, vor allem im Winter ein Vitamin-D-Präparat einzunehmen.
Zink
Hülsenfrüchte (z. B. Kichererbsen, Linsen und Soja), Nüsse (z. B. Haselnüsse und Walnüsse), Samen (z. B. Kürbiskerne, Leinsamen und Sesam) und Vollkorngetreide enthalten viel Zink. Die Zinkaufnahme lässt sich optimieren, wenn man gleichzeitig mit den Zinkquellen Lebensmittel mit Apfelsäure (z. B. Brombeeren, Heidelbeeren, Kirschen), Zitronensäure (z. B. Erdbeeren, Kiwi, Peperoni, Orangen oder Tomaten) oder Milchsäure (z. B. frisches Sauerkraut) verzehrt. [1]
Vegane Ernährung ist gesund
Wer sich gesund ernähren möchte, der sollte sich ein wenig mit seiner Ernährung beschäftigen – unabhängig von der Ernährungsform. Vegan lebende Menschen setzen sich meist intensiver mit ihrer Ernährung und ihrem Nährstoffbedarf auseinander als Mischköstler. Studien haben mehrfach bestätigt, dass sich mit einer rein pflanzlichen Ernährung alle potenziell kritischen Nährstoffe problemlos zuführen lassen. [4] Eine vollwertige vegane Ernährung enthält weniger ungesunde gesättigte Fettsäuren und ist frei von Cholesterin. Zusätzlich werden mit der veganen Ernährung deutlich grössere Mengen an gesundheitsförderlichen Stoffen zugeführt.
WAS SIE TUN KÖNNEN
Eine ausgewogene vegane Ernährung enthält alle Nährstoffe, die unser Körper benötigt. Es ist daher nicht nötig, Tiere zu töten, um unseren Nährstoffbedarf zu decken. Bauen Sie die vorgestellten Nährstoffquellen in Ihre täglichen Mahlzeiten ein und entwickeln Sie eine Routine – Sie werden sehen, dass Ihnen die vollwertige tierleidfreie Ernährung schon bald ganz leichtfällt!
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QUELLEN
[1] Niko Rittenau (2019, 5. Auflage): Vegan-Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zu veganer Ernährung. Ventil Verlag UG & Co. KG, Mainz
[2] Bernhauser, Isabel (2017): Eisenreiche Lebensmittel – Kakao statt Spinat, https://ecodemy.de/magazin/eisenmangel-eisenhaltige-lebensmittel-vegan-optimal-versorgt/, (eingesehen am 05.01.2021)
[3] Bernhauser, Isabel (2020): Riboflavin – Vegan mit Vitamin B2 versorgt, https://ecodemy.de/magazin/riboflavin-vegan-mit-vitamin-b2-versorgt/, (eingesehen am 05.01.2021)
[4] Melina, V., Craig, W. & Levin, S. (2016): Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, https://jandonline.org/article/S2212-2672(16)31192-3/fulltext, (eingesehen am 22.12.2020)